Das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) stellte im Februar Strafanzeige gegen die Unternehmen Airbus Defense and Space und Eurofighter Jagdflugzeug, Teile des früheren EADS-Konzerns. Das Ministerium wirft den Flugzeugbauern darin „arglistige und betrügerische Täuschung“ vor. Gleichzeitig schloss sich die Republik Österreich dem Verfahren als Privatbeteiligte an. So kann sie Schadenersatz über ein eventuelles Strafverfahren geltend machen und auch zukünftige Schäden mittels eines Feststellungsbegehrens einbringen.
Konkret geht es um die verkorkste Beschaffung von ursprünglich 24 Abfangjägern in den Jahren 2000 bis 2002, aus der 2003 ein Vertrag mit Eurofighter über 18 Maschinen resultierte. Der Gesamtwert dieses Auftrags belief sich auf 1,96 Milliarden Euro, vorgesehen waren zudem Gegengeschäfte in Höhe von rund 4 Milliarden Euro. 2007 verringerten die Vertragsparteien in Verhandlungen die Stückzahl dann auf 15 und speckten deren Ausrüstung ab. Im Gegenzug sollten die Auftragnehmer 250 Millionen Euro an die Republik zurückzahlen. Auch das Volumen der Gegengeschäfte reduzierten die Parteien auf 3,5 Milliarden Euro.
Aufgrund der Ergebnisse seiner eigenen Untersuchung sieht sich das Verteidigungsministerium nun durch die Rüstungsfirmen in mehreren Punkten getäuscht: Ein Betrag von rund 183,4 Millionen Euro sei für Gegengeschäfte in den Kaufpreis eingerechnet gewesen, obwohl die Ausschreibung gefordert habe, diese getrennt auszuweisen. Auch die laufenden Betriebskosten seien überhöht. Zudem wirft das Ministerium den Firmen vor, sie hätten bei Vertragsabschluss im Sommer 2003 gewusst, dass sie die Flugzeige nicht zu den darin vereinbarten Fristen würden liefern können.
Ein zweites Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien beinhaltet Vorwürfe von Geldwäscherei und Korruption, die ein Netzwerk von Vermittlern um die Vector Aerospace betreffen (GZ: 604 St 6/11f). Verfahren zum Vector-Netzwerk laufen auch bei der Staatsanwaltschaft München I sowie bei der Staatsanwaltschaft Rom.
Berater ‚Task Force Eurofighter‘ des BMLVS
Held Berdnik Astner (Wien): Johannes Zink (Federführung); Associates: Dr. Mark Tuttinger, Anna-Maria Anderwald, Maximilian Donner-Reichstädter (alle Wirtschaftsstrafrecht; letztere drei Rechtsanwaltsanwärter)
Skadden Arps Slate Meagher & Flom: Dr. Stephan Hutter (Federführung; Frankfurt), Dr. Bernd Mayer, Dr. Jens König (beide München; alle US-/UK-Compliance)
Ermittlungsverfahren Staatsanwaltschaft Wien
Vertreter Airbus Defense and Space/Eurofighter
Wolf Theiss (Wien): Dr. Andreas Theiss (Wirtschaftsstrafrecht)
Freshfields Bruckhaus Deringer (Düsseldorf): Prof. Dr. Norbert Nolte (Federführung), Dr. Thomas Helck (beide Wirtschaftsstrafrecht/Compliance-Untersuchungen), Prof. Dr. Stephan Eilers, Dr. David Beutel (Steuerrecht), Dr. Tobias Larisch, Willibald Plesser (beide Gesellschaftsrecht), Friedrich Jergitsch (Finanzrecht), Sabine Prossinger (Konfliktlösung; alle drei Wien); Associates: Dr. Michael Moritz, Thoralf Knuth (beide Wirtschaftsstrafrecht/Compliance-Untersuchungen)
Vertreter Republik Österreich
Finanzprokuratur (Wien): Dr. Wolfgang Peschorn (Präsident)
Hintergrund: Im jetzt eingeleiteten Ermittlungsverfahren vertreten die Kanzleien Wolf Theiss und Freshfields Bruckhaus Deringer den Rüstungskonzern Airbus Defense and Space und seine Tochtergesellschaft Eurofighter. Wolf Theiss ist für das Unternehmen bereits seit dem ersten Untersuchungsausschuss in den Jahren 2006 und 2007 immer wieder in der Sache tätig. Zuvor hatte Airbus selbst eine interne Untersuchung angestrengt, um die Vorgänge beim österreichischen Eurofighter-Kauf zu klären. Damit war Clifford Chance betraut.
Das Verteidigungsministerium in Wien setzte im Mai 2016 einen straffen Zeitplan, um die seit 2012 währenden Untersuchungen der ‚Task Force Eurofighter‘ zum Jahresende zu einem Ergebnis zu bringen. Dazu heuerte das BMLVS die Kanzlei Held Berdnik Astner (HBA) mit ihrem Wiener Strafrechtsexperten Johannes Zink an und beauftragte sie zusammen mit der US-Kanzlei Skadden Arps Slate Meagher & Flom damit, die internen Untersuchungen des Ministeriums voranzutreiben. Auch die rechtliche Würdigung der Untersuchungsergebnisse oblag den Kanzleien zusammen mit der Finanzprokuratur Wien. HBA nahm sich dabei des österreichischen Strafrechts an, Skadden vornehmlich die Bestimmungen nach US-Compliance-Recht und britischem ‚Bribery Act‘.
Von den Universitäten Wien und Salzburg zog das BMLVS in der Task Force Prof. Dr. Christian Rabl und Prof. Dr. Andreas Kletečka als Gutachter zu Fragen hinzu, wie die zivilrechtlichen Verträge in dieser Angelegenheit auszulegen sind. Kletečka hatte bereits für den ersten Untersuchungsausschuss 2006/7 an einem Gutachten mitgearbeitet.
In der Sache Eurofighter vertritt die Finanzprokuratur die Republik Österreich auch als Privatbeteiligte in dem vom BMLVS angestoßenen Strafverfahren gegen die Rüstungsfirmen. Die Finanzprokuratur und HBA waren zuvor in eine Ermittlergruppe des Finanzministeriums eingebunden, die die Geschäfte der damals schon verstaatlichten Hypo Alpe-Adria untersuchte.
Das Justizministerium in Wien kündigte in der Folge des Task-Force-Berichts an, die Staatsanwaltschaft Wien um zwei Planstellen aufzustocken und so den Staatsanwalt zu unterstützen, der bislang allein für die Ermittlungen wegen des Verdachts von Geldwächerei und Korruption zuständig war. Diese Ermittlungen laufen seit Mai 2011. Startpunkt waren Aussagen des italienischen Geschäftsmanns Gianfranco Lande bei der Staatsanwaltschaft Rom, in deren Folge es zu Untersuchungen zu einem Netzwerk an Brokern um die britische Briefkastenfirma Vector Aerospace kam. Frühere staatsanwaltschaftliche Ermittlungen in Wien zum Eurofighterkauf waren im Sande verlaufen.