Vor der Großen Strafkammer des Landgerichts sind zunächst 28 Verhandlungstage angesetzt, bis in den September hinein. Ursprünglich war Anklage gegen neun Personen erhoben worden, zwischenzeitlich gab es sechs Verfahrenseinstellungen, gegen Zahlungen von bis zu 30.000 Euro.
Die Staatsanwaltschaft unterstellt dem früheren CEO sowie der ehemaligen Finanzverantwortlichen, von der Zahlungsunfähigkeit gewusst zu haben. Ermittlungen hatte es früh gegeben, bereits im Frühjahr 2018 wurden Geschäftsräume der Konzernmutter sowie von Tochtergesellschaften durchsucht, ebenso wie Privaträume von Unternehmensverantwortlichen. Berichten zufolge hatte ein Gutachten, das der Insolvenzverwalter Prof. Dr. Martin Hörmann von der Sozietät Anchor in Auftrag gegeben hatte, dem Unternehmen bereits für 2013 die Zahlungsfähigkeit attestiert. Das sieht auch die Anklage so.
Darlehensvergabe hoch strittig
Die Verteidiger der Vorstände, die beide 2011 bei Alno angefangen hatten, stellten zum Auftakt die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft in Frage und kündigten für die weiteren Verhandlungstage Äußerungen ihrer Mandanten an, in denen die Vorwürfe widerlegt werden sollen. Beide hätten stets „im besten Interesse der Alno AG und ihrer Gläubiger gehandelt“. Der dritte Angeschuldigte, dem Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt wird, ist kein ehemaliger Unternehmensangehöriger.
Die Staatsanwaltschaft fokussiert sich Medienberichten zufolge zudem darauf, dass der ehemalige CEO über eine seiner Gesellschaften einen Kredit in Aussicht gestellt, aber trotz einer sechsstelligen ‚Bereitstellungsgebühr‘ nie geliefert habe. Ebenso strittig ist ein Darlehen eines 2016 bei Alno eingestiegenen bosnischen Investors in zweistelliger Millionenhöhe. Der Finanzier habe seinen Einstieg auf der Basis von geschönten Zahlen getätigt. Auch diese Sachverhalte bestreitet die Verteidigung energisch.
Zumindest die Marke Alno hat das Insolvenzgeschehen überlebt. Sie gehört heute zum Vertriebsportfolio der in Brandenburg ansässigen Höffner-Möbelgruppe.
Verteidiger ehemaliger CEO
Kipper Durth Schott (Darmstadt): Dr. Oliver Kipper, Dr. Jakob Lehners
Verteidiger ehemalige CFO
Schork Kauffmann Bremenkamp (Stuttgart): Dr. Alexander Schork, Franziska von Ziegler
Verteidiger weiterer Angeklagter
Dr. Schmitz (Stuttgart): Dr. Alexandra Schmitz, Philipp Gall
Staatsanwaltschaft Stuttgart
Thomas Böttger (Erster Staatsanwalt)
Landgericht Stuttgart, 16. Große Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer)
Dr. Alexander Stuckert (Vorsitzender Richter)
Hintergrund: Beide von den Ex-Vorständen mandatierten Einheiten sind in der Verteidigung von Wirtschaftsstrafsachen langjährig etabliert. Die Darmstädter Boutique Kipper Durth Schott bedient ein breit gefächertes Portfolio, das sich von Insider-Handel über Geldwäsche und Betrug bis hin zu Cum-Ex und Umsatzsteuerkarussellen erstreckt.
Die Kanzlei Schork Kauffmann Bremenkamp entstand Ende 2023 aus dem Zusammenschluss der Stuttgarter Sozietät Schork Kauffmann Wache und der Karlsruher Einheit Bremenkamp, die seither mit mehr als 20 Berufsträgern auftritt.
Dem dritten Angeklagten steht die Stuttgarter Strafrechtlerin Schmitz zur Seite. Sie ist eine feste Größe in Wirtschaftsstrafsachen der Region wie beispielsweise dem Windreich-Verfahren, sie verteidigte aber auch zusammen mit Prof. Dr. Thomas Fischer in Hamburg einen Generalbevollmächtigten der Warburg Bank in Sachen Cum-Ex.