Als SinnLeffers im Herbst Insolvenz anmeldete, war dies nach 2008 bereits der zweite Antrag auf Eigenverwaltung beim Amtsgericht Hagen.
Anfang August wurde das Eigenverwaltungsverfahren aufgehoben, nachdem sich Gläubiger, Vermieter, Neuinvestoren und Alteigner geeinigt hatten. Nicht nur die Arbeitsplätze bleiben zum Großteil erhalten, auch 20 innerstädtische Handelsimmobilien und ihre Eigentümer bleiben damit vom Leerstand verschont.
SinnLeffers hat eine wechselreiche Eigentümergeschichte hinter sich. Die Modekette gehörte zwischen 2001 und 2005 dem Essener KarstadtQuelle-Konzern, der sie an die Deutsche Industrie Holding (DIH) verkaufte. Seit 2012 befand sich SinnLeffers im Besitz der süddeutschen Familie Wöhrl.
Sanierungserlass-Urteil macht alles noch komplizierter
Diese gliederte das Hagener Unternehmen operativ und personell bei sich ein, ohne es gesellschaftsrechtlich mit ihrer Modekette Wöhrl zusammenzuführen. Als dann der Modehändler Wöhrl 2016 ins Straucheln geriet, kam auch SinnLeffers in Schwierigkeiten und beantragte daraufhin das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.
Die Suche nach einer tragfähigen Lösung war angesichts des harten Wettbewerbs in der Modebranche nicht einfach. Ein erster Interessent sprang ab. Die Erwerberstruktur musste nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs zum Sanierungserlass geändert werden. Die Verhandlungen mit den einzelnen Vermietergruppen kosteten wertvolle Zeit, und parallel wurde auch für die Wöhrl-Kette fieberhaft nach Lösungen gesucht.
Doch erreichte die SinnLeffers-Geschäftsführung für die wichtigsten Filialen eine befristete Mietreduktion, kombiniert mit Modernisieurngsplänen, die sie mit den Eigentümern vereinbarten. Dafür wiederum brauchte es neue Investoren mit Branchenerfahrung und Kapital – beides ist dem Vernehmen nach nun gegeben. Auch die Familie des Geschäftsführers Friedrich-Wilhelm Göbel hält Anteile an der neuen Eignergesellschaft, deren Namen und Sitz jedoch nicht bekannt gegeben wurde.
Licht und Schatten im Insolvenzen-Sommer
Auch für die Einrichtungskette Butlers mit ihren rund 800 Mitarbeitern fand sich in diesen Sommer eine praktikable Lösung: Gründer Wilhelm Josten will das notwendige Kapital selbst zur Verfügung stellen. Die Insolvenzgläubiger des Einrichtungshauses haben dem Insolvenzplan bereits zugestimmt.
Weniger Glück ist hingegen der Modekette Basler vergönnt: Sie muss ihren Geschäftsbetrieb Ende November einstellen. Ein strategischer Investor war aus den Verhandlungen ausgestiegen, daraufhin vereinbarten die Gläubiger im August die Betriebsstilllegung. Für mehr als 1.100 Mitarbeiter kann der Hersteller von Damenoberbekleidung daher keine Perspektive mehr bieten.
Eine Großbaustelle bliebt
Der insolvente Küchenhersteller Alno wiederum, der seit vergangenem Jahr die bosnische Unternehmerfamilie Hastor und ihre Investmentgesellschaft Tahoe als Großaktionärin hatte, wechselte Ende August in ein Regelinsolvenzverfahren. Die First EPA Holding, hinter der die frühere Alno-Finanzchefin Ipek Demirtas mit einigen Gläubigerforderungen steht, hatte beim Amtsgericht Hechingen einen Antrag auf Aufhebung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt.
Als Generalbevollmächtigter und vorläufiger Insolvenzverwalter von Alno amtiert nun Prof. Dr. Martin Hörmann aus der Sozietät Anchor, den das Amtsgericht zuvor schon als Sachwalter benannt hatte. Er treibt den Verkaufsprozess für die baden-württembergische Unternehmensgruppe mit einem sechsköpfigen Kanzleiteam voran. Als neuer Alno-CEO und Chief Restructuring Officer wurde Rolf Rickmeyer engagiert, der früher Finanzchef beim TV-Hersteller Loewe war.
Andreas Ziegenhagen und Dirk Schoene von der Kanzlei Dentons, die im Eigenverwaltungsverfahren noch als Generalbevollmächtigte eingeschaltet waren, wechselten in eine beratende und unterstützende Funktion. Alnos Unternehmensanleihe über 45 Millionen Euro wäre im Mai 2018 fällig. Die Wahl eines gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger scheiterte im ersten Anlauf an dem nötigen Quorum. Eine zweite Versammlung der Anleihegläubiger soll am 26. September stattfinden. Diese Woche stellte die Tochterfirma Alno Schweiz einen sogenannten Antrag auf provisorische Nachlassstundung, womit der das dortige Management eine eigenständige Sanierung anstrebt. Der Schweizer Küchenanbieter Bruno Piatti, der 270 Mitarbeiter zählt und ebenfalls zum Alno-Konzern gehört, hatte sich bereits Ende Juli zu diesem Schritt entschlossen.
Berater SinnLeffers-Käufer-Konsortium
nicht bekannt
Sachwalter SinnLeffers
Görg (Essen): Rolf Weidmann
Berater SinnLeffers Eigenverwaltung
Kluth (Düsseldorf): Dr. Thomas Kluth (Sanierungsgeschäftsführer), Markus Küthe, Marcus Spangenberger
Anchor (Düsseldorf): Lars Hinkel (Arbeitsrecht)
Berater Betriebsrat Bochum
Silberberger Lorenz Towara (Düsseldorf): Jörg Towara – aus dem Markt bekannt
Berater Betriebsrat Gelsenkirchen-Buer
Jens Becker & Volker Merbeck (Gelsenkirchen): Volker Merbeck – aus dem Markt bekannt
HIntergrund: Für Alno wurde mit Zustimmung der Konfliktparteien schließlich das reguläre Insolvenzverfahren mit einem ’starken‘ Verwalter gewählt. Dieser kann unabhängig von Interessensgruppen agieren.
Doch auch das Eigenverwaltungsverfahren bietet Handlungsspielräume, wie der Fall SinnLeffers zeigt. Sachwalter Weidmann aus der Sozietät Görg, der schon im Karstadt-Komplex als Sanierungsbeauftragter tätig war, hatte sich hier eng mit dem Sanierungsgeschäftsführer Kluth abgestimmt. Der Namenspartner der gleichnamigen Düsseldorfer Restrukturierungsboutique war bei Shearman & Sterling, bevor er sich 2001 selbständig machte. Die mittlerweile zehnköpfige Mannschaft seiner Kanzlei ist regelmäßig mit insolvenznahen Transaktionen befasst.
Kurz nach dem Insolvenzantrag im vergangenen Herbst konnten die SinnLeffers-Verantwortlichen mit dem Warenkreditversicherer Euro Delkredere vereinbaren, dass alle Neulieferungen an den Filialisten abgesichert wurden. So konnte das Warenangebot im Eigenverwaltungsverfahren komplett aufrecht erhalten werden.
Eine weitere Herausforderung bestand darin, IT-, Kassen- und Buchhaltungsprozesse wieder aus dem Wöhrl-Komplex herauszulösen. Auch arbeitsrechtliche Fragen stellten sich im Zuge der Restrukturierung, unter anderem wurden die Filialen in Gelsenkirchen und Bochum geschlossen. Dafür holte Kluth Lars Hinkel von Anchor an Bord. Hinkel arbeitet häufig für Unternehmen in Krisensituationen an der Schnittstelle von Insolvenz- und Arbeitsrecht. Der Betriebsrat hatte PCG-Geschäftsführer Prof. Dr. Klaus Kost an der Seite, der regelmäßig Betriebsräte und Gewerkschaften in Veränderungsprozessen unterstützt.
Die Neu-Investoren, die sich dem Vernehmen nach auch mit der Komplexität von Handelsunternehmen auskennen, verzichteten nach JUVE-Informationen auf externe Berater, ebenso wie die meisten Vermieter.