Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung machte sich eine rechtliche Ausnahmeregelung zunutze: Zum Schutz der nationalen Sicherheit können bestimmte Beschaffungen der Bundeswehr vertraulich gehalten und von Vergabeverfahren freigestellt werden. Dies bietet der Bundeswehr die Möglichkeit geheim zu halten, was sie im Detail anschafft – in diesem Fall war es die genaue Ausgestaltung der Flottendienstboote. Denn bei einer ordentlichen Ausschreibung muss der Auftraggeber in den Unterlagen detailliert veröffentlichen, welche Anforderungen er bei der Beschaffung stellt. Nur so können die Bieter genau einschätzen, welche Leistung von ihnen verlangt wird. Allerdings lässt dies im Rüstungssektor eben auch Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit und den Einsatz der militärischen Ausrüstung zu.
Im konkreten Fall bezog die Beschaffungsbehörde des Bundes mehrere Schiffbaugesellschaften in einer ersten Runde in das Beschaffungsverfahren ein. Die Flensburger Schiffbau Gesellschaft war Teil dieser Runde, wurde dann aber im zweiten Schritt nicht mehr berücksichtigt. Die Bundeswehr begründete dies damit, dass das Unternehmen die Anforderungen nicht erfüllen konnte.
Gegen diese Entscheidung ging die Flensburger Schiffbau Gesellschaft vor der zuständigen Kartellkammer des Landgerichts Mainz vor. Die Vergabekammer des Bundes ist in diesem Fall nicht zuständig. Auch wenn solche Verhandlungen wegen des Geheimhaltungsbedürfnisses oft schwierig sind, so konnte das Gericht doch kein offensichtlich rechtswidriges Vorgehen der Beschaffungsbehörde feststellen.
Schiffbauer kämpfen auch im Marinetanker-Auftrag
Die Flensburger Schiffbau Gesellschaft hat bis zum 26. Juni Zeit, um gegebenenfalls Berufung einzulegen. Dies ist nach JUVE-Informationen wahrscheinlich, denn das Beschaffungsprojekt ist groß und die rechtliche Lage schwierig.
Die Flensburger kämpften sich zuletzt gleich zweimal aus der Insolvenz. Gegen das Beschaffungsamt der Bundeswehr klagt sie auch wegen einer großvolumigen Marinetanker-Ausschreibung. Dabei geht es auch um die rechtlich interessante und ungeklärte Frage, ob die Tanker Kriegsschiffe oder lediglich Versorgungsschiffe sind, und was das für eine Auswirkung auf die Ausschreibung hat. Nach JUVE-Informationen wird das Oberlandesgericht Düsseldorf dazu Ende Juni sein Urteil verkünden.
Vertreter Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
Inhouse (Koblenz): Matthias Mantey
KDU Krist Deller & Partner (Koblenz): Dr. Matthias Krist (Vergaberecht)
Flensburger Schiffbau Gesellschaft
Blomstein (Berlin): Dr. Roland Stein (Vergaberecht)
Landgericht Mainz, Kartellkammer
Jörg Hartmann (Vorsitzender Richter)
Hintergrund: Alle Anwälte sind aus dem Markt bekannt.
Die Beschaffungsbehörde der Bundeswehr arbeitet in Nachprüfungsverfahren und ausgewählten gerichtlichen Verfahren um Rüstungsprojekte seit Jahren regelmäßig mit dem Koblenzer Vergaberechtler Krist, Namenspartner bei KDU, zusammen. Inhouse ist es die vergaberechtlich größte Behörde in Deutschland mit über 6.500 Mitarbeitern, darunter viele Juristen. Sie organisiert die gesamte Beschaffung für die Bundeswehr. Bei großen Rüstungsprojekten leitet Mantey regelmäßig die gerichtlichen Verfahren.
Die Flensburger Schiffbau Gesellschaft vertraut Blomstein-Partner Dr. Roland Stein nicht nur in diesem Verfahren, sondern auch in dem Nachprüfungsantrag bezüglich der Tanker-Beschaffung der Bundeswehr. Die Berliner Boutique trieb auch die großvolumigen Nachprüfungsanträge für German Naval Yards voran und ist somit seit ihrer Gründung eine gefragte Einheit, wenn Unternehmen Beschaffungsprojekte der Bundeswehr überprüfen lassen.