Das Kartellamt hatte gegen mehrere Brauereien 2014 Bußgelder von rund 338 Millionen Euro verhängt, der Großteil entfiel auf Carlsberg und Radeberger, die zur Oetker-Gruppe gehört. Beim heutigen Prozessauftakt beantragte Carlsberg, dass Verfahren einzustellen – die Vorwürfe aus den Jahren 2007 und 2008 seien bereits verjährt. Zudem sei das Unternehmen nicht an dem Kartell beteiligt gewesen und das Kartellamt habe Beweise nicht ausreichend gewürdigt. Der nächste Verhandlungstermin ist im Juli.
Angst vor Verböserung
Neben Radeberger und Carslberg waren laut Kartellamt auch die Brauereien Bitburger, Krombacher, Veltins, Warsteiner und Ernst Barre an dem Kartell beteiligt. Ebenso wurden einige Kölsch-Braureien in das bundesweite Bier-Verfahren einbezogen. Konkurrentin Anheuser-Busch Inbev war zwar ebenfalls an den Absprachen beteiligt, blieb aber verschont, weil sie den Fall als Kronzeugin ans Licht gebracht hatte.
In dem Verfahren vor dem OLG geht es um viel Geld, das Carlsberg nicht zahlen müsste, wenn das Unternehmen am Ende gewinnt. Und es geht um noch mehr Geld, das Carlsberg zahlen müsste, wenn das OLG die Klage abweist und das Bußgeld nachträglich erhöhen würde. Wie in ähnlichen Fallkonstellationen spielt das Risiko der ‚Verböserung‘, also der nachträglichen Erhöhung des Bußgelds durch das OLG, eine wichtige Rolle in dem Prozess. Im Frühjahr etwa hatte das OLG ein Kartellbußgeld für die Drogeriekette Rossmann auf 30 Millionen fast versechsfacht.
Milliardenrisiko
Das hat offenbar auch bei Radeberger viele nervös gemacht, weil für das Unternehmen viel höhere Summen auf dem Spiel stehen. Das Risiko hätte für Radeberger Schätzungen zufolge bei einer Milliarde Euro gelegen. Bei Carlsberg könnte sich das Bußgeld im schlimmsten Fall demnach auf 800 Millionen Euro erhöhen.
Grund für das Risiko ist die unterschiedliche Berechnung: Das Kartellamt orientiert sich am tatbezogenen Umsatz, das OLG hingegen nimmt zehn Prozent des Gesamtumsatzes als Basis für die Bußgeldberechnung.
Verfahren um die Kölner-Brauereien Erzquell Brauerei, Cölner Hofbräu Früh und Privatbrauerei Gaffel, die sich auch gegen die Buße gewehrt hatten, werden abgetrennt von dem jetzigen Prozess verhandelt.
Vertreter Carlsberg
Baker & McKenzie (Düsseldorf): Christian Horstkotte, Dr. Anika Schürmann (Strafrecht) – aus dem Markt bekannt
Wessing & Partner (Düsseldorf): Prof. Dr. Jürgen Wessing (Strafrecht) – aus dem Markt bekannt
Vertreter Wolfgang Burgard
WilmerHale (Berlin): Ulrich Quack
Vertreter Radeberger
Mütze Korsch (Düsseldorf): Dr. Kerstin Pallinger – aus dem Markt bekannt
Hintergrund: Carlsberg hatte sich bereits im vorangegangenen Bußgeldverfahren von Baker-Partner Horstkotte vertreten lassen. Strafrechtlich holte sich das Brau-Unternehmen neben der Baker-Counsel Schürmann Unterstützung von dem renommierten Strafrechtler Wessing. Der damalige Deutschland-Chef von Carlsberg, Wolfgang Burgard, ließ sich von Wilmerhale-Partner Quack vertreten. Auch Quack war für seinen Mandanten schon vor dem Bundeskartellamt dabei.
Radeberger wurde im 2014 abgeschlossenen Bußgeldverfahren von Hogan Lovells vertreten. Die Federführung lag bei Dr. Martin Sura, Pallinger war damals Counsel. 2015 wechselte Pallinger als Partnerin zu Mütze Korsch. Dort begleitete sie das Mandat weiter. Ins Rollen gebracht hatte das Kartellverfahren damals ein Kronzeugenantrag des Konkurrenten Anheuser-Busch Inbev, der mit Freshfields Bruckhaus Deringer-Partner Dr. Helmut Bergmann so einer Geldbuße entging.
Die regionalen Kölner Brauereien hatten sich zum Teil auch gegen die Bußgelder gewehrt. Die Verhandlung des abgetrennten Verfahrenskomplexes steht noch aus. Die Erzquell Brauerei setzt, wie bereits zuvor, auch bei dem Einspruchsverfahren am OLG Düsseldorf auf SZA Schilling Zutt & Anschütz, wie aus dem Markt bekannt wurde. Dort führen Hans-Joachim Hellmann und Dr. Christina Malz das Verfahren.
Und auch Gaffel lässt sich Marktinformationen zufolge von vertrauten Beratern begleiten: Erneut setzt die Kölsch-Brauerei auf den Brüsseler CMS Hasche Sigle-Partner Dr. Michael Bauer.