EuGH

Keine Akteneinsicht in Kartellverfahren für Oppenländer-Mandantin EnBW

Alle Dokumente einer Kartellverfahrensakte sind grundsätzlich schutzwürdig. Das geht aus einem Grundsatzurteil zum Thema Akteneinsicht in Kartellverfahren des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus der vergangenen Woche hervor. Damit wies der EuGH eine Klage des Energieversorgers EnBW gegen die Europäische Kommission ab.

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Andreas Hahn
Andreas Hahn

Das Verfahren geht auf ein Kartell für gasisolierte Schaltanlagen aus dem Jahr 2007 zurück: Seinerzeit bestrafte die Europäische Kommission elf Unternehmen mit Bußgeldern in Höhe von insgesamt 750 Millionen Euro, darunter Siemens und ABB. Von diesen beiden Unternehmen hatte EnBW Schaltanlagen bezogen und will daher Schadensersatz  verlangen. Hierzu hatte EnBW bereits 2007 bei der Kommission Einsicht in die Kartellverfahrensakte beantragt. Die Kommission hatte jedoch abgelehnt, was das Gericht erster Instanz im letzten Jahr wiederum für nichtig erklärte.

Der EuGH hob dieses Urteil jetzt auf: Der Gerichtshof leitet in seiner Begründung aus der sogenannten Transparenzverordnung eine allgemeine Vermutung her, wonach der Zugang zur gesamten Akte grundsätzlich schutzwürdig sei.

Die Frage der Akteneinsicht in Kartellverfahren beschäftigt sowohl die europäischen als auch die nationalen Gerichte schon länger intensiv, etwa in den Fällen Pfleiderer, Donau-Chemie und CDC. In der mittlerweile rechtskräftigen CDC-Entscheidung von Anfang 2012 hatte das Gericht erster Instanz den Einblick in das Inhaltsverzeichnis gestattet.

Auch in seinem jetzigen Urteil schloss der EuGH das Akteneinsichtsrecht nicht völlig aus: Die allgemeine Vermutung gelte nur, wenn der Zugang zur gesamten Akte verlangt werde. Die Herausgabe von konkreten Einzeldokumenten wäre unter bestimmten Bedingungen vorstellbar. Allerdings vertritt die Europäische Kommission wiederum in ihrem aktuellen Vorschlag für eine Richtlinie für Kartellschadensersatz die Auffassung, dass Kronzeugenanträge vollständig geschützt werden sollen.

Vertreter EnBW
Oppenländer (Stuttgart): Dr. Andreas Hahn, Prof. Dr. Albrecht Bach

Vertreter Europäische Kommission
Inhouse (Juristischer Dienst; Brüssel): Bernardus Smulders (Juristischer Hauptberater Team Organe und Institutionen), Piedade Costa de Oliveira, Alexandra Antoniadis

Vertreter Siemens
Gleiss Lutz (München): Dr. Ingo Brinker, Dr. Christian Steinle (Stuttgart); Associate: Dr. Moritz Holm-Hadulla (Stuttgart)

Vertreter ABB
Freshfields Bruckhaus Deringer (Berlin): Dr. Helmut Bergmann, Jon Lawrence (London); Associate: Dr. Anna Blume Huttenlauch

Europäischer Gerichtshof, Dritte Kammer
Prof. Dr. Marko Ilešič (Kammerpräsident), Carl Gustav Fernlund, Aindrias Ó Caoimh (Berichterstatter), Prof. Dr. Camelia Toader, Prof. Dr. Egidijus Jarašiūnas

Generalanwalt
Prof. Dr. Pedro Cruz Villalón

Hintergrund: Oppenländer berät EnBW seit Jahren regelmäßig in kartell- und energierechtlichen Fragen.

Siemens und ABB wohnten dem Verfahren als Streithelfer bei, sowohl Freshfields Bruckhaus Deringer als auch Gleiss Lutz hatten die Unternehmen bereits im Kartellbußgeldverfahren 2007 vertreten. (Silke Brünger)

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