In dem Artikel vom August 2010 hatte der Spiegel über den Verdacht berichtet, der frühere HSH-Chefjustiziar Dr. Wolfgang Gößmann könnte mit Abhörmaßnahmen gegen den Ex-Vorstand Frank Roth in Verbindung stehen. Später wurde allerdings das Ermittlungsverfahren gegen Gößmann eingestellt. Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg hatten zunächst eine Richtigstellung, nach einer Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) später folgenden Nachtrag verlangt: „Diesen Verdacht halten wir aus heutiger Sicht nicht aufrecht.“
Gegen diese Umsetzung wehrte sich der Spiegel jedoch erneut. Nachdem die Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH abgewiesen wurde, hatte das Magazin jetzt mit seiner Verfassungsbeschwerde Erfolg. Form und Umfang des Nachtrags müssten abgewogen werden, insbesondere dürfe die Presse nicht zu einer eigenen Bewertung verpflichtet werden. Diesen Kriterien würde der verlangte Nachtrag aber nicht gerecht.
Grundsätzlich entschieden die Richter, dass eine Richtigstellung nur bei fehlerhafter Berichterstattung und ein Nachtrag nur in engen Grenzen erfolgen muss. Beispielsweise, wenn Ermittlungen eingestellt werden oder ein Beschuldigter freigesprochen wird. Nicht verpflichtet sind die Medien dagegen, jede weitere Entwicklung einer Verdachtsberichterstattung zu veröffentlichen. Es sei Teil der Pressefreiheit zu entscheiden, welches Thema aufgegriffen und weitergeführt werde.
Vertreter Spiegel Verlag
Inhouse Recht (Hamburg): Dr. Sascha Sajuntz – aus dem Markt bekannt
Schultz-Süchting (Hamburg): Dr. Lars Kröner (Presserecht)
Bundesverfassungsgericht, 3. Kammer des Ersten Senats
Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof (Vizepräsident), Prof. Dr. Johannes Masing, Prof. Dr. Andreas Paulus
Hintergrund: Der Spiegel ließ sich während des kompletten Verfahrens von der Hamburger IP- und Medienrechtsboutique Schultz-Süchting vertreten. Zunächst führte Partner Dr. Marc-Oliver Srocke das Verfahren in den Instanzen, später übernahm dann Kröner. Für die BGH-Vertretung hatte das Magazin Prof. Dr. Christian Rohnke von Rohnke Winter mandatiert.
Bekannt ist, dass der ehemalige HSH-Chefjurist weiterhin von dem renommierten Bonner Presserechtler Dr. Gernot Lehr von Redeker Sellner Dahs vertreten wird.