Geklagt und erstinstanzlich Recht bekommen hatte die Wettbewerbszentrale. Anders als die Vorinstanz im Februar 2023 sah nun das OLG die Vorgehensweise des Verlags als von der Pressefreiheit umfasst an (Az. 29 U 867/23 e). Der Focus veröffentlicht sein ‚Top Mediziner‘-Ranking seit seiner Gründung 1993, mittlerweile für 126 medizinische Fachbereiche. Der Verlag formuliert den Anspruch, „herausragende Spezialistinnen und Spezialisten“ zu präsentieren.
Die klagenden Kritiker monierten, der Focus erwecke zu Unrecht den Eindruck, dem Ranking würde eine „neutrale und sachgerechte Prüfung zugrunde liegen“. Es finde keine Bewertung nach objektiven Kriterien statt, so auch das Landgericht München in seinem erstinstanzlichen Urteil (Az. 4 HKO 14545/21).
OLG: Bemühen in Richtung Objektivität reicht
Anders nun das OLG: Die Methodik, die Burda im Verfahren dargelegt hatte, erfolge „nach sachgerechten Kriterien“ und werde von durchschnittlichen Verbrauchern nicht mit einem Prüfsiegel etwa aus dem sicherheitstechnischen Bereich verwechselt. Der Focus sei kein anerkanntes Prüfinstitut, trete aber auch nicht als solches auf. Verbraucher würden ohnehin keine Ärztebewertung nach „harten objektiven Kriterien“ erwarten, sondern lediglich „ein Bemühen in Richtung Objektivität“.
Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, eine Nichtzulassungsbeschwerde ist aber möglich. Die Klägerin teilte zunächst mit, man werde „die Entscheidungsgründe prüfen und die Aussichten eines Rechtsmittels bewerten“.
Vertreter Wettbewerbszentrale
Inhouse (Bad Homburg): Alexander Strobel (Syndikusrechtsanwalt)
Danckelmann und Kerst (Frankfurt): Dr. Hans-Jürgen Ruhl, Christiane Köber (beide IP)
Vertreter Burda Verlag Data Publishing
Inhouse (München): Fabian Ulrich (Syndikusrechtsanwalt; Head of IP, IT & Commercial)
SSB Söder Berlinger (München): Dr. Stefan Söder (IP/Medienrecht)
Oberlandesgericht München, 29. Zivilsenat
Andreas Müller (Vorsitzender Richter), Dr. Martin Ebner-Vittinghoff, Dr. Nina Pfeiffer
Landgericht München, 4. Kammer für Handelssachen
Monika Rhein (Vorsitzende Richterin)
Hintergrund: Die in Bad Homburg ansässige Wettbewerbszentrale (‚Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V.‘) ist eine Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft für fairen Wettbewerb. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1.100 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden. Der eingetragene Verein erhält keine öffentlichen Mittel. Ihrem Selbstverständnis als branchenübergreifende, neutrale und unabhängige Institution gemäß bemüht sich die Zentrale um die Durchsetzung der Wettbewerbs- und Verbraucherschutzvorschriften, oft auch vor Gericht. Syndikusrechtsanwalt Strobel war mehr als ein Jahrzehnt lang Associate bei Danckelmann und Kerst.
Die Frankfurter Kanzlei hat ihren Schwerpunkt im Marken- und Wettbewerbsrecht und vertritt die Wettbewerbszentrale seit Jahren, Partner Ruhl seit 1999. Ihn unterstützte Köber, die jahrzehntelang als Inhouse-Juristin der Wettbewerbszentrale tätig war und dort den Gesundheitsbereich aufbaute und leitete. Köber wechselte zum Oktober 2024 zu Danckelmann und Kerst.
Die Münchner Sozietät SSB Söder Berlinger steht der Burda-Gruppe regelmäßig zur Seite. Unter der Federführung von Söder berät sie das Verlagshaus umfassend zu medien-, urheber-, und wettbewerbsrechtlichen Fragestellungen und übernimmt regelmäßig die gerichtliche Vertretung bis in höchste Instanzen.