Seit Anfang 2008 reisten Thoma und sein M&A-Team immer häufiger nach Abu Dhabi. Zunächst, um für IPIC die Übernahme der MAN-Tochter Ferrostal abzuwickeln (JUVE 12/08). Dies sollte jedoch nur die Aufwärmphase für eine der größten Kapitalmarkttransaktionen während der Wirtschaftskrise werden: Ab Herbst planten Stratege Thoma und sein jüngerer Partner-Kollege Dr. Marco Sustmann den Einstieg der IPIC-Investmenttochter Aabar als neuer Großaktionär beim Autobauer Daimler. Ende März war es vollbracht: Aabar hält seither 9,1 Prozent der Daimler-Anteile und investierte rund 1,95 Milliarden in das Unternehmen.
Die Transaktion hat ihren Ursprung an einem Novembermorgen im Abu Dhabi. Shearman-Partner Thoma,- extrem geschäftsorientiert und hervorragend vernetzt, so beschreiben Anwälte anderer Kanzleien den 64-Jährigen – studiert in der Cafébar seines Hotels Akten. Eher zufällig trifft er auf Khaled El Qubaisi, den Chef des Staatsfonds IPIC. Beide sind eigentlich erst zum Lunch verabredet, aber bei einem Tee spricht der Emirati den Düsseldorfer Shearman-Rainmaker auf einen möglichen Einstieg bei Daimler an. „Und aufgrund meiner guten Beziehungen zum Daimler-Vorstand sagte ich: Da können wir mal drüber reden“, erinnert sich Thoma. Noch vor dem Mittagessen ist ein erster Kontakt in die Stuttgarter Zentrale hergestellt.
Was folgt ist ein Mammutprojekt, das in den Folgemonaten nicht nur die gesamte deutsche Shearman-Praxis, die Kollegen in Abu Dhabi und London beansprucht, sondern auch die befreundete österreichische Kanzlei Binder Grösswang. Obendrein forderte es auch viel Fingerspitzengefühl des erfahrenen Thoma. Denn der 64-Jährige Anwalt kennt auch das Zielobjekt Daimler als Mandant in- und auswendig. Schließlich hat er die jüngere Unternehmensgeschichte von Daimler entscheidend mitgeprägt – sei es die Fusion mit Chrysler, dann wieder die Trennung von der US-Tochter und aktuell die Abwehr von Aktionärsklagen.
Aber diesmal saßen Thoma und Sustmann auf der anderen Seite des Verhandlungstisches – als globaler Berater von IPIC. Für den Daimler-Konzern, der diesmal auf Freshfields Bruckhaus Deringer und Skadden Arps zurückgriff, bedeutet die Transaktion offensichtlich keinen Bruch mit der etablierten Mandatsbeziehung. Man habe sich darüber nicht so viele Gedanken gemacht, so Thoma, vielmehr sei Daimler auch „froh gewesen, eine sehr vertraute Person“ auf Seiten des neuen Großaktionärs zu sehen. „Das hat die Mandatsbeziehung nur gefestigt,“ pflichtet Sustmann bei. „Gerade diese Woche waren wir für Daimler wieder in großen Gerichtsverfahren tätig.“
Aus Angst vor einer feindlichen Übernahme war Daimler schon länger auf der Suche nach einem so genannten Ankeraktionär, einem Investor, der dem Autobauer gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise Stabilität garantiert. Das Problem der Stuttgarter: Rund 85 Prozent ihrer Aktien befinden sich im Streubesitz, dieser Umstand lähmte Daimler zunehmend. Das frische Kapital von Aabar nutzt der Konzern jetzt, um die Entwicklung von Elektromotoren und neuen Verbundstoffen voranzutreiben. Japanische Wettbewerber sind Daimler in diesen Bereichen deutlich voraus. In Abu Dhabi baut der Konzern im Gegenzug ein Ausbildungszentrum für junge Ingenieure auf.
Für den Unternehmer und Netzwerker Thoma verbietet sich daher die Frage nach einer nachhaltigen Strategie von IPIC. „Die Beteiligungen sind für Abu Dhabi nicht nur strategische Investitionen“, erklärt Thoma, „sondern es geht vor allem um den Rücklauf und Förderung des Nachwuchses – und damit um die Zukunft des eigenen Landes“. Wenn es nach ihm ginge, könnten nach Daimler ruhig noch mehr deutsche Konzerne den sicheren Hafen am Persischen Golf aufsuchen.
Berater IPIC/Aabar
Shearman & Sterling : Georg Thoma, Dr. Marco Sustmann, Dr. Hans Diekmann (alle Corporate; Düsseldorf), Marc Plepelits (Kapitalmarktrecht; Frankfurt), Dr. Johannes Frey (Steuern), Winfried Carli (Finanzrecht; beide München), Tim Pick (Abu Dhabi), Clifford Atkins, Patrick Clancy, Mei Lian (alle Finanzrecht; London), Joachim Grittmann (Frankfurt; öffentliches Recht); Associates: Giuseppe Sferrazza, Carlos Robles y Zepf (beide M&A; Düsseldorf), Patrick Heid (Kapitalmarktrecht; Frankfurt), Annette Keller (Steuern; München), Malcolm McKinnon (Finanzrecht; Abu Dhabi), Simon Jerrum, Jo Folan (Finanzrecht; beide London) zum Deutschen und englischen Recht
Binder Grösswang (Wien): Thomas Schirmer (Gesellschaftsrecht), Andreas Hable (Steuerrecht), Emanuel Welten (Bank- und Finanzrecht); Associates: Christian Wimpissinger (Steuerrecht), Julia Kusternigg (Gesellschaftsrecht), Karin Schöpp (Bank- und Finanzrecht) – zum österreichischen Recht
Berater Daimler
Inhouse (Stuttgart): Gerd Becht (General Counsel), Dr. Peter Herz (Leiter Recht Finance und Capital Markets), Veronika Revesz (Leiterin Recht Corporate)
Freshfields Bruckhaus Deringer (Frankfurt): Dr. Christoph Gleske, Dr. Andreas König (beide Kapitalmarktrecht), Dr. Christian Decher, Dr. Ferdinand Fromholzer, Dr. Eberhard Seydel (beide München; alle Corporate); Associates: Dr. Jens Kunz, Nikolai Vokuhl, Tilman Wink, Dr. Ralph Kogge, Dr. Sebastian Füg (alle Frankfurt), Majka Cernicky, Tilmann Gütt (beide München)
Skadden Arps Slate Meagher & Flom: Hilary Foulkes (Frankfurt), Dr. Bernd Mayer (München), Gerhard Gnädig (New York), Ivan Schlager (Washington), Mathias Gärtner (Frankfurt); Associates: Rick Schwartz (Frankfurt), Malcolm Tuesley (Washington; alle Corporate)
Berater Goldman Sachs
Allen & Overy : Stephen Kensell (London), Dr. Walter Uebelhoer, Dr. Oliver Seiler (beide Frankfurt) – aus dem Markt bekannt