„Er überzieht, wenn er immer breitere Untersuchungen fordert und immer noch mehr Anwälte aufmarschieren“, sagte Alfred Herling, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, der ‚Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘ am vergangenen Wochenende. Thoma leitet den sechsköpfigen Integritätsausschuss im Aufsichtsrat der Deutschen Bank, in dem die interne Aufarbeitung diverser Skandale zusammenläuft, etwa Verstrickungen in Manipulationen des Zinssatzes Libor oder Geldwäsche in Russland. Sein starkes Engagement in der Funktion sorge unterdessen nicht nur bei Herling, sondern auch weiteren Mitgliedern des Aufsichtsgremiums für größere Missstimmung, so Deutsche Bank-Kreise gegenüber JUVE.
Demnach teilen sie Herlings Einschätzung, dass Thoma Übereifer an den Tag lege. Der Ton sei bisweilen sehr harsch und Thoma habe intern an Vertrauen verloren. Ein Rücktritt Thomas gilt daher inzwischen als nicht mehr ausgeschlossen. Der Shearman & Sterling-Anwalt selbst ließ die Anfrage, ob er noch ein ausreichendes Vertrauen sieht, um seine Arbeit als Leiter des Integritätsausschusses fortzusetzen, bisher unbeantwortet. Vor allem der Umstand, dass sich der Aufsichtsratschef Paul Achleitner nicht hinter Thoma stellte, lässt daran zumindest zweifeln. Denn Thoma galt bis dato als enger Achleitner-Vertrauter. Dieser hatte dem hoch angesehenen Gesellschaftsrechtler und M&A-Experten 2013 den Weg in den Aufsichtsrat geebnet. Die Arbeit in dem Kontrollgremium ist seither seine zentrale Tätigkeit, bei Shearman ist er nur noch of Counsel.
Einen Bruch in dem Vertrauensverhältnis könnten Untersuchungen verursacht haben, die sich um Achleitners Rolle bei der Aufklärung rund um den Zinssatz Libor drehen – dem Chefkontrolleur wird mangelnde Kooperation mit den Behörden vorgeworfen. Thoma soll die Prüfung vorantreiben, nachdem der weltweite Co-Chefjurist Christof von Dryander diese offenbar vor Monaten nahelegte.
Unverständnis für Mandatierungen von SZA und Alvarez & Marsal
Abseits davon entzünden sich breiter angelegten Angriffe gegenüber Thoma aus dem Aufsichtsrat. JUVE-Informationen zufolge geht es auch um die Mandatierungen von SZA Schilling Zutt & Anschütz und insbesondere des Beratungsunternehmens Alvarez & Marsal, das unter anderem auf Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität spezialisiert ist. Bei SZA zieht Thoma vor allem den Mannheimer Gesellschaftsrechtspartner Dr. Marc Löbbe hinzu, der einst ebenfalls für Shearman tätig war. Der Vorwurf nun: Thoma leite mit der Vergabe von Aufträgen an SZA und Alvarez & Marsal teils doppelte Untersuchungen in die Wege. Er ignoriere damit bereits vorliegende Berichte des Vorstands, ohne konkrete Verdachtsmomente für weitere Untersuchungen zu haben. Die externen Aufträge seien nur im kleinen Kreis abgestimmt.
Andere Stimmen aus der Bank und dem Umfeld des Hauses sehen die Angriffe auf Thoma dagegen äußerst kritisch und stellen etwa die Frage, wie ernst es der Aufsichtsrat tatsächlich mit der propagierten Aufklärung des Skandale meine, wenn Mitglieder des Gremiums den eigenen Chefaufklärer demontieren. Befeuert worden war dies zuletzt schon durch einige personelle Fluktuation in den Rechts- und Compliancefunktionen. Auch einflussreiche Investoren hatten diese Frage zuletzt aufgeworfen. Eines jedenfalls scheint klar: Die Unruhe in der Bank dürfte sich fortsetzen und der Zeitpunkt unmittelbar vor den Hauptversammlung Mitte Mai ist denkbar ungünstig. (René Bender)