Die Deutsche Bahn hat eigene Ansprüche und die anderer Unternehmen gebündelt und die Lkw-Hersteller verklagt. Sie fordert rund eine halbe Milliarde Euro Schadensersatz, die Klage liegt, ebenso wie die MyRight-Klage, zu der heute verhandelt wird, beim LG München I. Über die Ökonomie hinter dem Fall sprach JUVE im aktuellen JUVE Rechtsmarkt mit Dr. Tilman Makatsch, Leiter Kartellschadensersatz & Ökonomie bei der Bahn.
JUVE: Die Deutsche Bahn müsste doch ein Traumkunde für Prozessfinanzierer sein – warum kommt sie trotzdem ohne aus?
Tilman Makatsch: Mittelgroße Anbieter wie Foris oder Roland können vielleicht zwischen 10 und 20 Millionen in Prozesse stecken – was gerade einmal so viel ist, wie wir für einen großen Fall brauchen. Die Großen – Burford, Bentham & Co – verfügen zwar über ausreichend Kapital, sind für uns in Deutschland aber auch meist uninteressant, weil wir in der Regel nicht 30 Prozent oder mehr einer möglichen Schadensersatz- oder Vergleichssumme abgeben wollen.
Gilt das auch für Prozesse mit hohem Risiko?
Ja, denn als großes geschädigtes Unternehmen will ich doch genau dann Kontrolle über die Prozessstrategie behalten. Die Vergleichsneigung bei einem Prozessfinanzierer wird immer hoch sein, weil er möglichst schnell zu einem Abschluss kommen will. Das deckt sich aber nicht unbedingt mit meinem Interesse als Prozesspartei. Zudem haben Prozessfinanzierer insbesondere aus dem angloamerikanischen Raum häufig komplexe Vertragswerke im Gepäck, weil sie wiederum nicht die Kontrolle über ihre Funding-Mittel verlieren wollen. Ich warte noch auf ein geeignetes Produkt im deutschen Markt, das vielleicht so ähnlich funktioniert, wie eine After-the-Event-Versicherung in den USA oder Großbritannien. Dort haben wir relativ früh angefangen, die ungleich höheren Kostenrisiken mit einer Prozessfinanzierung abzufedern.
Mit der Klage im Lkw-Kartell gehen Sie jetzt das nächste große Thema auf eigene Faust an.
Ja. Im Fall des Lkw-Kartells machen wir die Ansprüche des DB-Konzerns und der Bundeswehr geltend und bündeln zusätzlich die Ansprüche von rund 40 anderen Unternehmen. Weil wir über ausgeprägtes Know-how verfügen und viel Arbeit intern machen, haben wir eine gute Kostenquote. Anwälte fungieren eher als verlängerte Werkbank, die Strategie wird bei uns festgelegt. Davon profitieren auch die Unternehmen, die ihre Ansprüche an uns abtreten, weil es für sie günstiger ist, mit uns zu klagen, und sie gleichzeitig an unserer Erfahrung im Prozessmanagement teilhaben. Vor allem können sie aber sicher sein, dass wir ihre Ansprüche nachdrücklich durchsetzen, weil wir immer auch die eigenen Schadensersatzansprüche des DB-Konzerns und damit das gleiche Ziel verfolgen.
(Ulrike Barth, Marc Chmielewski)