Dieselgate-Aufarbeitung

VW holt weitere Kanzleien dazu

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  • JUVE

In die rechtlichen Aufräumarbeiten zum Abgasskandal bei Volkswagen hat der Konzern JUVE-Recherchen zufolge zwei weitere Kanzleien eingeschaltet: Freshfields Bruckhaus Deringer und White & Case. Freshfields soll der Rechtsabteilung demnach in straf- sowie in datenschutzrechtlichen Fragen zur Seite stehen. Zudem wird sie den Autobauer bezüglich etwaiger Kundenklagen sowie regulatorisch gegenüber den Behörden in mehreren Ländern beraten.

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Rolf Trittmann
Rolf Trittmann

Freshfields steht dem VW-Konzern für die rechtliche Aufarbeitung außerhalb der USA zur Seite und soll JUVE-Informationen zufolge zunächst Ordnung in die vielfältigen Rechtsfragen bringen und vor Ort mit Local Counseln in verschiedenen Ländern zusammenarbeiten.

Die Kanzlei wollte sich auf JUVE-Nachfrage nicht zu der Mandatierung äußern. Aus dem Markt bekannt ist aber, dass der Frankfurter Partner Prof. Dr. Rolf Trittmann an der Spitze des Teams steht. Neben ihm soll der Hamburger Gesellschaftsrechtler Dr. Michael Haidinger das Mandat führen. JUVE-Recherchen zufolge übernimmt Dr. Thomas Tschentscher intern die Rolle eines Projektkoordinators über alle Fachthemen hinweg. Trittmann stand VW in der Vergangenheit schon in verschiedenen Themen zur Seite. Insbesondere seine Kenntnisse der VW-Vertriebsstrukturen dürften bei der Mandatierung eine Rolle gespielt haben.

Den Hauptteil des Mandats werden vor allem zivilrechtliche Themen ausmachen, denn VW steht eine derzeit kaum absehbare Welle von Klagen von Kunden, Händlern und Importeuren ins Haus. In diesen rechtlichen Komplex soll bei Freshfields auch die Frankfurter Dispute-Resolution-Partnerin Dr. Martina de Lind van Wijngaarden involviert sein. Zudem stellen sich in einigen Ländern wettbewerbsrechtliche Probleme, etwa was vergleichende Werbung von Konkurrenten angeht. Diesen Part übernimmt bei Freshfields Dr. Andrea Lensing-Kramer aus Düsseldorf.

Michael Haidinger
Michael Haidinger

Außerdem wird Freshfields den Autobauer regulatorisch gegenüber den Behörden in mehreren Ländern beraten. Diese Themen sollen die Berliner Partner Dr. Benedikt Wolfers und Marcel Kaufmann koordinieren. Dr. Juliane Hilf ist zudem für etwaige Klagen von Verbrauchern und Nichtregierungsorganisationen zuständig. Auch stellen sich Fragen des Datenschutzrechts. Gerade das ist im Hinblick auf die US-Ermittlungen ein sensibles Thema, da hier sehr unterschiedliche gesetzliche Datenschutzbestimmungen gelten. Für VW ist vor allem wichtig, welche Daten sie an die US-Behörden herausgeben muss. Bei Freshfields steht der erfahrene Kölner IP/IT-Experte Klaus Beucher für diesen Bereich.

Auch der Kölner IT- und Compliance-Experte Prof. Dr. Norbert Nolte ist in das Mandat involviert. JUVE-Recherchen zufolge wird die Prüfung eines etwaigen strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens von Mitarbeitern vor allem durch die Rechtsabteilung und deren Strafrechtsexperten Christoph Haarmann erfolgen, Freshfields soll dazu aber flankierend tätig werden.

Strafrechtlich wird VW auch von White & Case beraten. Deren Berliner Strafrechts- und Compliancepartner Karl-Jörg Xylander soll Zeugen zur Seite stehen, die gegenüber der Staatsanwaltschaft sowie den internen Ermittlern aussagen. Auch White & Case wollte sich auf JUVE-Nachfrage dazu nicht äußern. Xylander war vor seiner Kanzleikarriere als Staatsanwalt tätig. Ende vergangener Woche hatte die Staatsanwaltschaft Braunschweig die VW-Konzernzentrale und auch Privaträume ehemaliger Mitarbeiter durchsucht. VW selbst hatte bereits Ende September Strafanzeige gestellt, nachdem der Skandal um manipulierte Abgaswerte publik geworden war.

Mit Freshfields und White & Case zieht VW weitere Kanzleien für die Aufarbeitung der Affäre und die Verteidigung des Unternehmens hinzu. Jones Day führt bereits seit Ende September umfassende interne Ermittlungen durch, SZA Schilling Zutt & Anschütz ist mit der Abwehr möglicher kapitalmarktrechtlicher Ansprüche befasst. Der Aufsichtsrat hat zudem den Münchner Arqis-Partner Prof. Dr. Christoph von Einem an seiner Seite. In den USA schließlich berät Kirkland & Ellis für den Konzern vor allem regulatorisch gegenüber den Aufsichtsbehörden.

VW will Recht und Compliance auf höchster Ebene verankern

Darüber hinaus plant VW aus dem Desaster auch intern Lehren für die Zukunft zu ziehen. Der Wolfsburger Autobauer will JUVE-Recherchen zufolge wie schon andere Dax-Konzerne ein Vorstandsressort für Recht und Compliance schaffen und diesen Themen damit mehr Stellenwert verleihen. Bereits in den kommenden Wochen soll eine Lösung gefunden werden. Einen Compliance-Beauftragten hat das Unternehmen zwar schon seit 2011: Damals übernahm diesen Posten Dr. Frank Fabian, der sich bereits in den Jahren zuvor um den Aufbau einer Compliance-Abteilung kümmerte. Informationen über die Manipulationen der Abgaswerte erreichten die Abteilung aber offenbar zu keiner Zeit. Gleichwohl sollen im Konzern bereits 2011 solche Informationen weitergegeben worden sei. So will ein Ingenieur den damaligen Entwicklungsvorstand Karl-Heinz Neußer darüber in Kenntnis gesetzt haben, so jedenfalls seine Aussage gegenüber der Konzernrevision.

Neußer, seit Kurzem vom Konzern freigestellt, bestreitet dies JUVE-Informationen zufolge. Er hat sich inzwischen strafrechtlichen Beistand durch die Hamburgerin Annette Voges gesichert, während ein weiterer geschasster Entwicklungsvorstand, Ulrich Hackenberg, auf den Münchner Strafrechtler Prof. Dr. Werner Leitner vertraut.

Auch der jüngst zurückgetretene Konzernchef Martin Winterkorn hat derweil einen Strafrechtler hinzugezogen, allerdings ist bis dato nicht bekannt, wer dies ist. Für die Wahrung seiner Interessen gegenüber dem Konzern hat er den Frankfurter Compliance-Experte Dr. Kersten von Schenck mandatiert. (René Bender, Ulrike Barth)

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