Zukünftig arbeiten die Patentanwälte von Bosch Jehle als of Counsel bei Noerr. Wirtschaftlich agieren sie allerdings weiter eigenständig unter ihrem bisherigen Namen. Dennoch beinhaltet die Kooperation eine exklusive Zusammenarbeit insbesondere bei Patenten. Noerr reicht künftig alle Anfragen zu Patentanmeldungen an Bosch Jehle weiter und die Noerr-Patentrechtler um Dr. Ralph Nack bearbeiten alle streitigen Auseinandersetzungen, die in beiden Kanzleien anfallen. Soweit möglich sollen die Patent- und Rechtsanwälte gemeinsam in Nichtigkeits- und Verletzungsklagen auftreten.
Damit haben sich die beiden Einheiten faktisch gegen die Zusammenarbeit mit anderen Patent- beziehungsweise Rechtsanwaltskanzleien entschieden, die ihnen nun keine Mandate mehr zutragen werden. Noerr will die technische Expertise von Bosch Jehle zusätzlich in anderen Rechtsbereichen nutzen, etwa bei Produkthaftungsfällen.
Bei Noerr arbeiten im Bereich Patente derzeit neben Nack sechs weitere Prozessanwälte. Die junge aufstrebende Praxis gilt im wichtigen Patentmarkt München als gut etabliert. Bundesweit kann sie derzeit aber nicht mit den führenden Prozesseinheiten mithalten, unter anderem weil sie in Düsseldorf kaum präsent ist. „Unsere internationalen Mandanten erwarten eine integrierte rechtliche und technische Beratung“, so Kanzleisprecher Dr. Alexander Ritvay.
Die zehn Patentanwälte von Bosch Jehle haben vor allem eine starke technische Expertise bei elektronischen Patenten. „Gemeinsam mit Noerr sehen wir größere Chancen, den Herausforderungen durch das neue EU-Patent zu begegnen, insbesondere was den Wunsch vieler internationaler Unternehmen nach einer Beratung aus einer Hand anbelangt“, sagte Dr. Matthias Bosch, einer von zwei Partnern der Patentanwaltskanzlei.
Veränderte Herausforderungen
Noerr reagiert als eine der ersten Großkanzleien hierzulande auf die Herausforderungen, die das geplante EU-Patent und zentrale europäische Patentgericht in Paris mit sich bringen werden. Das neue Patentsystem befindet sich derzeit in der Phase der Ratifizierung durch die 25 teilnehmenden EU-Mitgliedsstaaten (mehr…). Seine Einführung für 2015 gilt aber als sicher. Das neue System wird insbesondere für die deutschen Prozessanwälte erhebliche Veränderungen mit sich bringen. Sie führen europaweit derzeit mit Abstand die meisten Prozesse, müssen sich künftig aber vor dem neuen EU-Patentgericht einer starken Konkurrenz durch andere europäische Kanzleien stellen. Als zusätzlicher Wettbewerbsnachteil kann sich die Zweiteilung in die beiden Berufsgruppen Patent- und Rechtsanwälte erweisen, die nur in Deutschland und Österreich üblich ist. Viele deutsche Patentkanzleien befürchten daher, dass sich vor allem asiatische und US-Unternehmen für britische, französische oder niederländische Patentkanzleien entscheiden, die schon heute rundum zu technischen Schutzrechten beraten.
In Deutschland steigt zwar seit Jahren die Zahl der gemischten Sozietäten, in denen beide Berufsgruppen unter einem Dach arbeiten. Bislang versuchten jedoch vor allem Patentanwaltskanzleien eigene Prozessabteilungen aufzubauen, um am lukrativen Prozessgeschäft teilzuhaben. Umgekehrt integrierten nur wenige Rechtsanwaltssozietäten Patentanwälte. Zu den Vorreitern gehören etwa Bird & Bird und US-Kanzleien wie Jones Day. Allerdings gilt gerade die finanzielle Integration der beiden Berufsgruppen als schwierig. Ein Grund warum Noerr und Bosch Jehle die Form der Doppelassoziierung wählten.