„Beides – denn wir kennen unsere Grenzen“
Dr. Alexander Behrens leitet bei Allen & Overy die deutsche Aufsichtsrechtspraxis und beschäftigt sich seit mehreren Jahren auch mit Legal-Tech-Themen.
Wir sehen uns auch in Zukunft als Kanzlei und nicht als das nächste Microsoft. Aber für ein gutes Rundum-Paket für unsere Mandanten ist technische Innovation unverzichtbar. Wir investieren deshalb ein beträchtliches Budget in Forschung und Entwicklung, das sich durch die Fusion mit Shearman & Sterling eher noch vergrößern wird. Auf diese Weise entwickeln wir unter anderem Technologie, die wir als Teil unseres Geschäftsmodells auch als ‚Software as a Service‘ verkaufen.
Traditionell vertreiben wir dieses Angebot eng eingebettet in unser Leistungsspektrum. Zunehmend bieten wir Software wie unser KI-gestütztes Tool ContractMatrix jedoch auch als eigenständiges Produkt an. Mandanten sollen so selbstständig damit arbeiten können. Viele der Mandate, für die wir hinzugezogen werden, sind allerdings so komplex, dass sie sich nicht mit Software allein bearbeiten lassen. Dann kann sie allerdings gut und kostensensibel unterstützen.
Was die konkreten Tools angeht, setzen wir bewusst weder auf ‚Make‘ noch auf ‚Buy‘ allein, sondern auf eine Kombination. Neben unseren eigenen Produkten kaufen wir externe Tools hinzu, zuletzt etwa Harvey. Denn genau wie die Techfirmen, die für bestimmte Themen auf die Zusammenarbeit mit Kanzleien angewiesen sind, kennen auch wir unsere Grenzen.
„Kaufen – aber nicht von der Stange“
Dr. Matthias Scholz ist IT-Partner bei Baker McKenzie und war bis Juli 2023 zudem Managing-Partner für Deutschland.
Wir haben bereits früh begonnen, digitale Innovation voranzutreiben, vor allem unter unserer Marke ReInvent. Nachdem wir diese Initiative auf das globale Level gehoben haben, stieg die Komplexität des Themas erheblich – und wir mussten mit Blick auf Legal Tech grundsätzlich entscheiden: Make or buy?
Unsere Entscheidung war klar: Buy. Allerdings kaufen wir keine Produkte von der Stange, sondern arbeiten mit Anbietern intensiv partnerschaftlich zusammen, um Tech-Tools auf die Bedürfnisse unserer Kanzlei und unserer Mandanten anzupassen.
Auch die Entwicklungen rund um das Thema künstliche Intelligenz verfolgen wir bereits seit 2017. Dafür haben wir unsere BakerML-Praxis gegründet, ein engagiertes Team aus Juristen, Datenwissenschaftlern und Dateningenieuren, das bei der Anwendung von KI marktführend ist. Das Team hat die großen Sprachmodelle schon lange vor dem Start von ChatGPT getestet – nun erprobt es operative Modelle mit Mandanten. Sein Ziel ist es, neue KI-gestützte juristische Beurteilungsdienste anzubieten, die über die reine Automatisierung der Wertschöpfungskette hinausgehen.
Das können wir nur, indem wir Cutting-Edge-Kooperationen mit Anbietern eingehen, die ihr Fach verstehen. Dabei geben wir allen Arbeitsprodukten, die unsere Mandanten erreichen mit unserem Spezialwissen das anwaltliche Gepräge. Wie bei jeder neuen Technologie verfolgen wir einen Governance-Ansatz, um Qualität und Compliance zu gewährleisten.
Dieser Beitrag stammt aus der aktuellen Ausgabe 01/2024 des JUVE Rechtsmarkt.