Latham & Watkins verstärkt ihre Kapitalmarktpraxis mit einem prominenten Quereinsteiger: Dr. Oliver Seiler (48), Chef des Kapitalmarktteams von Allen & Overy und einer der bundesweit angesehensten Experten für Börsengänge und Kapitalerhöhungen, steigt als Partner bei Latham ein. Seiler arbeitet seit Ende der 1990er-Jahre für Allen & Overy, seit 2003 als Partner. Seine Karriere hatte er bei Hengeler Mueller begonnen.
Seiler begleitete während seiner Zeit bei Allen & Overy zahlreiche bedeutende Börsengänge, großvolumige Kapitalerhöhungen und eigenkapitalähnliche Anleiheemissionen – zwei Beispiele der jüngeren Vergangenheit sind die Börsengänge der Reederei Hapag-Lloyd und des Windanlagenherstellers Senvion.
Unter seiner Führung entwickelte sich Allen & Overy insbesondere im Eigenkapitalmarktrecht in den vergangenen Jahren zu einem der ersten Herausforderer des Führungstrios aus Freshfields Bruckhaus Deringer, Hengeler Mueller und Sullivan & Cromwell – auch weil es der traditionell stärker auf Bankenseite tätigen Praxis gelang, sich mehr Marktanteile auf der als lukrativer geltenden Emittentenseite zu sichern. Seinen Weggang bedauert die Kanzlei entsprechend. Allen & Overy wolle weiter in die Kapitalmarktpraxis investieren und ihr Ausbau gehöre nach wie vor zu den strategischen Zielen in Deutschland, so der deutsche Managing-Partner Thomas Ubber.
Wann genau Seiler wechselt und ob ihm Anwälte aus seinem Team folgen, steht JUVE-Informationen zufolge noch nicht fest, als wahrscheinlicher Wechselzeitpunkt gilt der November.
Lang ersehnte Verstärkung für Latham
Für Latham, die in den vergangenen eineinhalb Jahren vor allem ihre Transaktionspraxis durch hochkarätige Zugänge verstärkte, bedeutet Seilers Einstieg die lang ersehnte Verstärkung im Eigenkapitalmarktrecht. Hier tat sich die Kanzlei seit Jahren weit schwerer als etwa im Fremdkapitalmarktrecht, wo sie über eine hochspezialisierte Praxis verfügt und insbesondere in der komplexen und lukrativen Beratung zu Hochzinsanleihen mit der Praxis um Dr. Rüdiger Malaun bundesweit über eines der stärksten Teams verfügt. Bei Börsengängen und Kapitalerhöhungen arbeitete Latham zwar mit den Partnern Dr. Marcus Funke und Dr. Roland Maaß immer wieder an einzelnen Großtransaktionen, für den Durchbruch und den Sprung in die erweiterte Marktspitze fehlte indes die Konstanz.
Potenzial dürfte künftig insbesondere in der Verbindung mit der Anleihenpraxis um Malaun liegen, etwa der Beratung von High-Yield-Finanzierungen im Vorfeld von Börsengängen und der anschließenden IPO-Beratung. Das Team für Eigenkapitalmarktrecht, aus dem vor wenigen Monaten Partner Rudolf Haas zu King & Wood Mallesons gewechselt war, zählt nach dem Zugang von Seiler wieder drei Partner und vier Associates, hinzu kommen die Anleihenexperten.
Unruhe in Allen & Overy Kapitalmarktpraxis
Für Allen & Overy bedeutet Seilers Abschied indes einen empfindliche Schwächung in einem strategisch wichtigen Gebiet, in dem es nun eines größeren Wiederausbaus bedarf. Ende 2014 hatte die Kanzlei bereits den aufstrebenden, ebenfalls auf Equity-Kapitalmarktrecht und darüber hinaus High-Yield-Anleihen spezialisierten Partner Gernot Wagner verloren, der samt Team zu White & Case wechselte. Zwar hatte die Kanzlei bereits wenig später den ebenfalls als US-Anwalt qualifizierten Partner Marc Plepelits von Shearman & Sterling hinzugeholt. Die Lücke, die Wagners Weggang hinterlassen hatte, konnte sie aber nicht wieder schließen. Wer Seilers Nachfolger als Chef der Kapitalmarktpraxis wird, ist noch nicht bekannt. Neben Plepelits hatte die Kanzlei zuletzt einen Counsel zum Partner ernannt, so dass das Team nun noch zwei auf Eigenkapitalmarktrecht Partner und zehn Associates zählt. Die gesamte Kapitalmarktpraxis umfasst knapp 30 Anwälte, davon acht Partner.
Unterdessen stellt nicht nur Seilers Weggang die Kanzlei vor eine Herausforderung, denn auch über das Kapitalmarktteam hinaus herrscht derzeit offenbar verstärkt Unruhe. Nur eine Auswirkung dessen ist demnach, dass JUVE-Informationen zufolge noch ein weiterer Partnerabgang bevorsteht. (Claudia Otto, René Bender)