JUVE: Herr Schiefer, was ist die Strategie hinter dem Einsatz von Nachhaltigkeitsmanagerinnen in Ihrer Kanzlei ?
Martin Schiefer: Das lässt sich recht einfach erklären. Gerade im Vergaberecht muss man hinter der Juristerei die technische Seite verstehen. Deshalb haben wir Michaela Kohlmann und Susanna Dinkic angeheuert. Beide werden uns bei Projekten in den Bereichen Bau und Gebäudetechnik unterstützen.
Aus welchen Branchen kommen die beiden?
Die Schwerpunkte sind etwas unterschiedlich gelagert. Michaela Kohlmann ist studierte Bauingenieurin und kennt sich hervorragend mit Gebäudesimulationen und Nachhaltigkeitsvorgaben aus, etwa aus dem ‚Green Deal‘ der EU-Kommission. Bei Susanna Dinkic liegt der Schwerpunkt auf Städtebau und Digitalisierung. Sie ist ebenfalls Ingenieurin und arbeitete zuvor bei Signa.
Wie sehen ihre Aufgaben aus?
Michaela Kohlmann wird bei uns unter anderem bei Ausschreibungen für Wohnbauvorhaben im Einsatz sein. Gebäudesimulationen können da ein wichtiger Baustein sein und helfen, die Kriterien in den Unterlagen richtig festzulegen. Bei einem Vorhaben stellten wir zum Beispiel fest, dass sich 40.000 Euro im Jahr an Kosten sparen lassen, wenn das Gebäude besser zur Sonne hin ausgerichtet ist.
Susanna Dinkic soll eher die Betriebsphase von Häusern in den Blick nehmen. Durch die angepeilten CO2-Einsparungen im Immobiliensektor werden in Zukunft Gebäudetechnik und -ausrüstung ein wichtiges Feld sein. Auch die Digitalisierung solcher Systeme spielt dabei eine Rolle.
Mit Karin Kirchner haben sie bereits eine Digitalisierungsmanagerin in der Kanzlei. Ist der Ansatz ähnlich?
Genau, mit dem Einstieg von Karin Kirchner im Jänner 2024 haben wir damit begonnen, diese neue Personalstrategie umzusetzen. Sie kam von der Österreichischen Post und war dort für Digitalthemen mit Kundenbezug zuständig.
Inwieweit sind diese Spezialistinnen in die Mandatsarbeit eingebunden?
Die Mandatsarbeit ist für alle drei ganz klar der Fokus. Michaela und Susanna unterstützen unser internes Team allerdings gerade auch bei der ISO 14001-Zertifizierung für das Umweltmanagement. Wir machen das, weil wir selbst besser werden wollen. Aber auch um zu wissen, worauf es in der Nachhaltigkeitsberatung für Betriebe ankommt.
Abseits vom Backoffice – wie groß ist Ihr Team in der Rechtsberatung aktuell?
Wir sind aktuell 30 Mitarbeitende in der Rechtsberatung, darunter die drei Nichtjuristinnen mit ihren speziellen Fachkenntnissen.
Wie hoch ist der Anteil von Nichtjuristen?
Wir haben zusätzlich rund zehn Beschäftigte im Kanzleimanagement sowie fünf bis zehn Projektmitarbeiter und Studierende.
Sehen Sie in solchen fächerübergreifenden Teams weiteres Potential? Wo liegen interessante Schnittmengen?
Aus meiner Sicht gibt es vor allem zwei aussichtsreiche Felder: In der Gebäude- und Haustechnik könnte uns eine Expertin oder ein Experte helfen. Denn der Trend zu Wärmepumpen und Geothermie wird viele Projekte bringen.
Ein anderes Feld ist die Forensik bei Vergabeverstößen. Hier könnten wir uns eventuell verstärken, weil es beim Aufspüren von Malversationen ja nicht nur um juristische Fragen geht. Da sind auch IT-Spezialisten wichtig, um Spuren nachzugehen und Belege herauszufiltern.