Berlin

Medienanstalt erreicht mit White & Case Etappensieg gegen Bild-Livestreams

Livestreams von Bild.de gelten als Rundfunkübertragung und unterliegen damit einer Zulassungspflicht. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Das Urteil hat wegweisenden Charakter bei der streitigen Abgrenzung zwischen zulassungspflichtigem Rundfunk und Telemedienangeboten, die keine Zulassung bei der zuständigen Medienanstalt benötigen. Bis zur abschließenden Klärung des Hauptsacheverfahrens darf Springer die Formate weiter ausstrahlen.

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Wimmer_Norbert
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Konkreter Gegenstand des Verfahrens waren die drei Videoformate „Die richtigen Fragen“, „Bild-Sport-Talk mit Thorsten Kinhöfer“ und „Bild-Live“ von Bild.de. Die Medienanstalt Berlin Brandenburg (MABB) hatte diese als zulassungspflichtigen Rundfunk eingestuft und Springer die weitere Verbreitung ohne Zulassung untersagt. Im Eilverfahren hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin (OVG) im April dieses Jahres vorläufig dem Medienhaus Recht gegeben und eine weitere Verbreitung zugelassen (OVG 11 S 72.18), um einen möglichen Verlust an Reichweite bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu vermeiden.

Im Hauptverfahren ist das VG Berlin nun der Auffassung der Medienanstalt gefolgt. Die Kammer erkannte in den werktäglich oder wöchentlich verbreiteten Formaten einen Sendeplan. Damit ist laut Rundfunkstaatsvertrag eine Sendelizenz nötig.

Unter Presse- und Medienrechtlern herrscht schon lange Uneinigkeit darüber, wie solche Streamingformate einzustufen sind. Bislang müssen die Medienanstalten jeden Fall einzeln prüfen, weshalb das Berliner Verfahren einmal mehr aufmerksam verfolgt wird. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Gericht eine Berufung zugelassen.

Schonfrist für Springer

Bislang gilt ein Medienangebot unter folgenden Voraussetzungen als Rundfunk: Es muss live oder zu einem bestimmten Zeitpunkt starten, und es muss die technischen Voraussetzungen erfüllen, um von mindestens 500 Zuschauern gleichzeitig gesehen zu werden. Außerdem muss es redaktionell-journalistisch geprägt sein und dauerhaft oder regelmäßig zur Verfügung stehen. Wenn ein Medienformat unter Rundfunkbestimmungen fällt, gelten beispielsweise auch andere Werbevorschriften.

Christoph Wagner
Christoph Wagner

Axel Springer hat sich noch nicht dazu geäußert, ob es von der Berufung Gebrauch machen wird. In der Regel ist das Medienhaus dafür bekannt, grundsätzliche Entscheidungen bis in die obersten Instanzen durchzufechten. Allerdings könnte sich der Fall auch in Luft auflösen, wenn Springer mit den erneut diskutierten Ambitionen, Bild als TV-Sender an den Start zu bringen, Ernst macht. Dann müsste der Konzern so oder so eine Sendelinzenz beantragen und das laufende Verfahren könnte sich womöglich erübrigen.

Ein weiteres Szenario, das Einfluss auf die Weiterführung des Verfahrens haben könnte, ist die aktuell laufende Überarbeitung des Rundfunkstaatsvertrags, der künftig Medienstaatsvertrag heißen soll. Dieser soll eine Neuregelung und andere Anforderungen für solche Streaming-Angebote beinhalten. Dann würde sich das weitere Verfahren möglicherweise auf eine alte Rechtslage beziehen.

Unabhängig von der unternehmerischen Entscheidung, ob das Medienhaus den Schritt in die Fernsehwelt geht oder nicht, besteht durch den laufenden Prozess eine aufschiebende Wirkung.

Claas-Hendrik Soehring
Claas-Hendrik Soehring

Berater Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB)
White & Case (Berlin): Prof. Dr. Norbert Wimmer (Federführung); Associates: Katharina Nawrath, Dr. Gustav Ollinger (alle Öffentliches Recht/Medienrecht)
Inhouse Recht (Berlin): Dr. Anja Zimmer (Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg), Dr. Marco Holtz (Stellvertretender Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg)

Vertreter Axel Springer SE
Morrison & Foerster (Berlin): Dr. Christoph Wagner (Federführung); Associate: Christoph Nüßing (beide Medienrecht)
Inhouse Recht (Berlin): Claas-Hendrik Soehring (Leiter Medienrecht), Felix Seidel (Inhouse Legal Counsel)

Hintergrund: Der Berliner Medien- und Öffentlichrechtler Wimmer pflegt eine lange Mandatsbeziehung zur MABB und berät regelmäßig in diversen Mandaten zum öffentlichen Medienrecht.

Auch die Mandatierung des Medienrechtlers Wagner durch Springer ist nicht neu, Inhouse-Jurist Soehring setzte auch in der Vergangenheit bereits auf das Team von Morrison & Foerster. (Anika Verfürth)

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