Bilanzskandal im Burgenland

FMA schließt Commerzialbank Mattersburg

Die einen sprechen vom burgenländischen Wirecard, andere bangen einfach nur um ihr Geld: Am Mittwoch untersagte die Finanzmarktaufsicht der Commerzialbank Mattersburg die Fortführung ihres Geschäftsbetriebs. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Bilanzfälschung gegen den Vorstand.

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Norbert Wess
Norbert Wess

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) geht davon aus, dass die Bank liquidiert werden müsse. Es bestehe der Verdacht, dass „Fantasiekredite erfunden wurden“, so Doskozil. Zuletzt lag die Bilanzsumme bei rund 800 Millionen Euro. Nachdem die Unregelmäßigkeiten in der Bilanz aufgefallen waren, hatten die Aufseher die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingeschaltet und Anzeige gegen das Management erstattet. Nach bisherigem Kenntnisstand lautet der Verdacht Bilanzfälschung und Untreue. Vorstandschef Martin Pucher, über die Region hinaus nicht nur als Bankvorstand, sondern auch als Präsident von Bundesligist SV Mattersburg bekannt, trat umgehend zurück. Pucher hatte die Regionalbank vor 25 Jahren aus dem Raiffeisenverband herausgelöst. Nun wird gegen ihn und seine Co-Vorsitzende Franziska Klikovits, die ebenfalls ihr Amt niederlegte, ermittelt.

Zum Schutz der Gläubiger bestellte die FMA den Wirtschaftsprüfer Bernhard Mechtler als Regierungskommissär. Der KPMG-Partner bringt in dieser Rolle bereits einiges an Erfahrung mit. So hatte ihn die Aufsichtsbehörde 2014 bei der Adria Bank eingesetzt.

Einlagensicherung greift zum zweiten Mal in diesem Jahr

Die behördlich angeordnete Zahlungseinstellung löste zudem die Einlagensicherung aus. Mit rund 420 Millionen Euro handelt es sich um einen der größten Sicherungsfälle einer österreichischen Bank seit Jahrzehnten. Die Auszahlungen von jeweils 100.000 Euro pro Bankkunde beginnen innerhalb der nächsten zwei Wochen. Im (wahrscheinlichen) Falle einer Insolvenz wird damit die Einlagensicherung Austria (ESA) zum größten Gläubiger. Durch den gesetzlichen Vorrang der Einlagensicherung ist es ungewiss, ob und wann Gläubiger wie Frequentis oder die Energie Burgenland an ihr Geld kommen. Die Unternehmen haben Einlagen von 31 beziehungsweise rund fünf Millionen Euro bei der Commerzialbank. Nach der Pleite der Anglo Austrian AAB Bank ist dies der zweite Fall für die Einlagensicherung in diesem Jahr. Zuvor war das Sicherungssystem knapp 20 Jahre lang nicht ausgelöst worden. 

Wirtschaftsprüfer sehen sich getäuscht

Johann Pauer
Johann Pauer

Bis 2018 hatten die Prüfer von TPA die Commerzialbank unter die Lupe genommen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die auch für Wirecard CEE gearbeitet hatte, sieht sich laut einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung als „Opfer einer umfangreichen und komplexen Täuschung durch das Management der Commerzialbank Mattersburg“. Zudem sei der Abschluss für das Geschäftsjahr 2019 aufgrund der „schleppenden beziehungsweise fehlenden Übergabe von prüfungsrelevanten Unterlagen seitens der Bank und dem daher seit Monaten Ruhen der aktuellen Prüfungstätigkeit“ noch nicht erteilt worden.

Vertreter Martin Pucher
Wess Kux Kispert & Eckert (Wien): Dr. Norbert Wess

Vertreter Franziska Klikovits
Pauer Law (Wien): Johann Pauer 

Vertreter Einlagensicherung Austria
Preslmayr (Wien): Christian Podoschek, Dr. Matthias Schmidt

Vertreter FMA
Finanzprokuratur (Wien): Anselm Fuchsbauer (Leitender Prokuraturanwalt)

Hintergrund: Der unter Verdacht der Bilanzfälschung stehende Martin Pucher mandatierte mit Dr. Norbert Wess einen der bekanntesten Strafrechtler für seine Verteidigung. Der Gründungspartner von WKK Law vertritt im Buwog-Strafverfahren derzeit auch den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Zum Jahresbeginn hatte die 2006 gegründete Kanzlei in Salzburg ein zweites Büro eröffnet.

Die Co-Vorsitzende Klikovits wandte sich an Strafverteidiger Johann Pauer. Auch er ist kein Unbekannter im österreichischen Strafrecht. In der Casinos Austria-Affäre vertritt er den Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache.

Die FMA lässt sich, wie in solchen Fällen üblich, von der Finanzprokuratur vertreten.

Wie bereits im Sicherungsfall der ehemaligen Meinl-Bank AAB Anfang des Jahres, berät die Wiener Kanzlei Preslmayer die Einlagensicherung Austria. Die beiden Partner Schmidt und Podoschek sind regelmäßig an den relevanten Insolvenzen in Österreich beteiligt, zuletzt unter anderem bei Waagner-Biro und Alufix.

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