Digitales Erbe

Mennemeyer & Rädler drehen Streit um Facebookprofil vorm BGH

Private Internetdaten wie ein Facebook-Konto fallen nach dem Tod des Nutzers grundsätzlich an seine Erben. Das hat der BGH letztinstanzlich entschieden. Damit muss Facebook den Eltern eines verstorbenen Mädchens Zugang zu dessen Nutzerprofil gewähren. Bei Briefen und Tagebüchern sei das üblich. Es bestehe kein Grund, digitale Inhalte anders zu behandeln, heißt es in der Urteilsbegründung aus Karlsruhe. Experten sprechen dem Urteil grundsätzliche Bedeutung zu.

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Peter Rädler
Peter Rädler

Die Richter hoben damit ein Urteil des Berliner Kammergerichts vom Mai 2017 auf, das die Sperre des Nutzerkontos unter Verweis auf das Fernmeldegeheimnis bestätigt hatte. Das Mädchen war Ende 2012 in Berlin vor eine U-Bahn gestürzt. Ob es ein Unglück war oder ein Suizid, ist bis heute unklar. Die Eltern erhoffen sich von den privaten Chat-Nachrichten auf der Seite Aufschluss über die Todesumstände der damals 15-Jährigen. Facebook hatte die Seite nach dem Tod des Mädchens im sogenannten Gedenkzustand eingefroren und hält die Inhalte des Nutzerkontos seit fünfeinhalb Jahren unter Verschluss. Die Eltern konnten sich deshalb auch mit Passwort nicht mehr anmelden. Der US-Konzern wollte die Konto-Inhalte nicht freigeben, weil die Freunde des Mädchens darauf vertraut hätten, dass die ausgetauschten Nachrichten privat blieben.

Christian Rohnke
Christian Rohnke

Dieses Argument ließen die BGH-Richter nicht gelten. Der Absender einer Nachricht auf Facebook könne zwar darauf vertrauen, dass diese an ein bestimmtes Nutzerkonto gehe – nicht aber an eine bestimmte Person. Die Richter lehnen es auch ab, die Inhalte danach zu differenzieren, wie persönlich sie sind. Das sei im Erbrecht generell nicht üblich. Der Anspruch der Erben ergibt sich nach Auffassung des BGH aus dem Nutzungsvertrag, den das Mädchen mit Facebook hatte. Die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag seien auf die Erben – sprich seine Eltern – übergegangen.

Vertreter Erben
Mennemeyer & Rädler (Karlsruhe): Dr. Peter Rädler
KVLegal (Berlin): Christlieb Klages, Christian Pfaff (beide Urheberrecht), Norman Bäuerle (Datenschutz)

Vertreter Facebook
Rohnke Winter (Karlsruhe): Prof. Dr. Christian Rohnke
White & Case (Hamburg): Dr. Martin Munz, Dr. Sylvia Lorenz (beide IP-Recht)

Bundesgerichtshof, III. Zivilsenat
Ulrich Herrmann (Vorsitzender Richter)

Hintergrund: Die BGH-Kanzleien Rohnke Winter und Mennemeyer & Rädler stehen sich regelmäßig in der dritten Instanz gegenüber, zuletzt etwa im Verfahren um die Rabattaktionen der My Taxi-App. Die Beziehung von White & Case zu Facebook ist etabliert. Regelmäßig vertritt die Kanzlei den Konzern in Prozessen vor deutschen Gerichten. In Verfahren, die grundsätzliche Fragen aufwarfen, setzte der Internetriese bisher auch regelmäßig auf ein Team von Wilmer Hale. Der Frankfurter Partner Dr. Martin Braun vertritt den Konzern häufig im datenschutzrechtlichen Kontext, unter anderem im Fanpages-Verfahren, in dem es um die Verantwortlichkeit bei der Verarbeitung personenenbezogener Daten ging.

Die Berliner Medienboutique KVLegal ist primär für die urheberrechtliche Beratung im Zusammenhang mit Geräteabgaben bekannt. Aufsehen erregte sie zum Beispiel mit der Vertretung der AG Dokumentarfilm zum Verteilungsschlüssel der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten. (Laura Bartels, Anika Verfürth, mit dpa-Material)

 

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