17 Milliarden Euro gilt es zu verteilen. So hoch beziffert sich Schätzungen zufolge das Vermögen von Heinz Hermann Thiele. Der im Februar 2021 im Alter von 79 Jahren verstorbene Unternehmer und Investor hatte vorgesehen, dass sein langjähriger Steuerberater Brühmüller den Großteil des Vermögens innerhalb von fünf Jahren in eine Stiftung überführen soll. Fast zwei Jahre sind nun schon vorbei und der Erbstreit könnte nicht größer sein. Es laufen mehrere Verfahren zu verschiedenen Strängen der Nachlassverwaltung und Stiftungserrichtung.
Streit um Vollstrecker-Vergütung eskaliert
Ein Strang im Erbstreit ist jener um die Vergütung des Testamentsvollstreckers. Nach den Empfehlungen des deutschen Notarvereins stehen ihm in dieser Funktion 1,5 Prozent aus dem Bruttonachlassvermögen zu. Dies besagt die sogenannte ,Rheinische Tabelle‘ und darauf verweist auch das Testament, an dem Brühmüller selbst mitgewirkt hat. Wie es sich mit einem Vollstrecker-Honorar bei überbordenden Vermögen wie jenem von Thiele verhält, ist allerdings nicht geregelt, denn die Rheinische Tabelle endet bei einem Vermögen von mehr als 5 Millionen Euro.
Da Thiele selbst eher für seine Sparsamkeit bekannt war, die auch bei seinen Mitarbeitenden und Angestellten nicht aufhörte, behauptet die Witwe, die Vergütung Brühmüllers bewege sich in einem unangemessenen Verhältnis und ihr verstorbener Mann hätte das so nicht gewollt. Im Extremfall könnte die Vergütung inklusive Zuschlägen für Auslandsbezüge und steuerlichen Befassungen sogar die Viertelmilliarde weit übersteigen.
Der Testamentsvollstrecker sieht sich nun massiven Anschuldigungen ausgesetzt. Zunächst hatte das Nachlassgericht München einen Antrag der Witwe auf Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen Uneignung und Unzulässigkeit abgewiesen. Danach stellte sie Strafanzeige wegen Untreue im Zusammenhang mit seiner Konzern- und Amtsverantwortung sowie Betrug des Erblassers. Die Staatsanwaltschaft München I leitete daraufhin Ermittlungen ein, durchsuchte Brühmüllers Büros und stellte Unterlagen sicher. Er selbst bestreitet alle Vorwürfe.
Auch beim Landgericht München I reichte Nadia Thiele eine Klage ein. Diese bezieht sich darauf, dass die im Testament angeordnete Zahlung der Vergütung des Testamentsvollstreckers insoweit nichtig ist, als sie auf bestimmte Parameter verweist.
Erbstreit beschäftigt Münchner Anwaltschar
Rechtlich lässt sich die Witwe − wie öffentlich bekannt − von Dr. Peter Gauweiler, einem langjährigen Vertrauten und Anwalt ihres verstorbenen Mannes, vertreten. Er beriet Thiele auch beim Lufthansa-Einstieg. Zudem sind aus der Kanzlei Gauweiler & Sauter Dr. Stefanie Rabenau und of Counsel Prof. Dr. Thomas Fischer involviert. Als Gutachter unterstützt Prof. Dr. Hans Grigoleit von der Ludwig-Maximilians-Universität München die Kanzlei.
Während die Witwe es bei einer Kanzlei belässt, setzt Brühmüller dem Vernehmen nach auf einen bunten Strauß: Als Testamentsvollstrecker bei der Nachlassabwicklung im In- und Ausland vertritt Taylor Wessing-Partner Dr. Axel Godron sowie in steuerrechtlichen Belangen of Counsel Hermann-Ulrich Viskorf.
Zudem ist für steuerliche Themen unter anderem bei der Errichtung der Familien- sowie diversen Unternehmensstiftungen nach JUVE-Informationen Flick Gocke Schaumburg mit Partner Prof. Dr. Stephan Schauhoff mandatiert.
Bezüglich eines Prozesses gegen Sohn Henrik Thiele, der 2017 nach einem Streit mit dem Vater aus der Familienholding und zuvor bei Knorr-Bremse ausgestiegen war, soll Noerr-Partner Dr. Wolfram Theiss aktiv sein. In persönlichen Belangen im Entlassungsverfahren als Vollstrecker vertraut Brühmüller nach Marktinformationen auf Sernetz Schäfer-Partner Dr. Fabian Dietz-Vellmer.
Sohn Henrik Thiele soll auf die Namenspartner Dr. Oliver Krauss und Clemens Hüber von der Kanzlei Bayer Krauss Hueber vertrauen. An der Seite von Tochter Julia Thiele-Schürhoff wiederum ist dem Vernehmen nach Dr. Thomas Zwissler von Zirngibl, der vor ein paar Jahren auch in die Auseinandersetzungen bei Pfeiffer Vacuum eingeschaltet wurde.