Drei von den insgesamt vier Ausschreibungen der Bundesrepublik Deutschland zur PKW-Maut sind jetzt vergeben. Für die Ausschreibung zur Mauterhebung ist ein Joint Venture zwischen Kapsch TrafficCom und CTS Eventim geplant. Die beiden sollen jeweils 50 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen halten. Eventim will Maut-Dienstleistungen zu einem neuen Geschäftsfeld des Ticketunternehmens ausbauen und möglichst auch international expandieren.
Die Mindestvertragslaufzeit beträgt 12 Jahre, mit der Möglichkeit der Verlängerung auf maximal 15 Jahre. Die Maut soll auf Bundesstraßen und Autobahnen kassiert werden. Inländische Autofahrer sollen im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett entlastet werden. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Nach Abzug der Kosten soll die Maut gut 500 Millionen Euro im Jahr für Investitionen einbringen. Am Ertrag und der EU-Rechtmäßigkeit der Maut gibt es weiterhin Zweifel.
Laut Ausschreibung soll der Betreiber unter anderem die Höhe der Maut festsetzen und Bescheide an Millionen Autobesitzer senden. Zu den Aufgaben gehören auch der Zahlungsverkehr, Mahnungen und das Bearbeiten von Ausnahme-Anträgen und Widersprüche. Die Betreibergesellschaft soll auch eine App und eine Internetseite entwickeln und betreiben – Halter von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen sollen sich dort einbuchen können. Außerdem gehe es um den Aufbau und den Betrieb von Zahlstellen, bei denen die Maut manuell gebucht werden kann.
Nach JUVE-Informationen gehörte auch ein Konsortium aus IBM und Avarto zu den Bietern, genauso wie T-Systems und das Unternehmen DVB LogPay als Konsortialführerin für mehrere kleinere Unternehmen.
Gegen die deutsche Pkw–Maut gibt es weiter Widerstände. Österreich hat Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt. Aus Sicht der Regierung in Wien verstößt sie gegen EU-Recht. Autofahrer würden unter anderem aufgrund der Staatsangehörigkeit diskriminiert (Rechtssache C 591/17), argumentiert die Regierung in Wien. Das Verkehrsministerium betont dagegen, die Maut sei europarechtskonform. Ein Urteil dürfte voraussichtlich Mitte des kommenden Jahres fallen.
Neben der Erhebung der Maut wurde nach JUVE-Informationen auch die vierte und letzte Ausschreibung entschieden. Hier hat sich ein deutsches Konsortium aus Breuer und Vitronic durchgesetzt. Auch hierauf hatte sich Kapsch TrafficCom beworben sowie ein weiterer österreichischer Anbieter, die Firma Efkon – beide letztlich erfolglos. Bis zum 30.12.2018 kann diese Entscheidung noch angefochten werden.
Maut-Erhebung
Berater Konsortium Kapsch TrafficCom und CTS Eventim
Noerr (Berlin): Dr. Tibor Fedke (Gesellschaftsrecht), Dr. Tobias Frevert (IT; beide Federführung), Pascal Schumacher (IT/Datenschutz), Dr. Julian von Lucius (Vergaberecht/Öffentliches Recht), Dr. Tom Beckerhoff, Michael Schuhmacher (beide Finanzierung; Frankfurt), Dr. Daniel Rücker (Datenschutz; München), Dr. Torsten Kraul (IT/IP), Jessica Loew (Markenrecht); Associates: Dr. Armin Bartsch, Julia Nieder (beide Gesellschaftsrecht), Sebastian Dienst (Datenschutz; München)
Blomstein (Berlin): Dr. Pascal Friton, Dr. Roland Stein (beide Vergaberecht); Associates: Dr. Florian Wolf, Dr. Leonard von Rummel, Rita Zuppke (alle Vergaberecht)
Berater Kapsch TrafficCom
Raue (Berlin): Dr. Wolfram Hertel (Öffentliches Wirtschaftsrecht; Federführung), Dr. Stephan Koch (Gesellschaftsrecht), Dr. Bettina Tugendreich (Vergaberecht), Dr. Markus Plesser (Urheberrecht); Associates: Dr. Hans Heller (Öffentliches Wirtschaftsrecht), Tatiana Gushchina (Gesellschaftsrecht), Dr. Jan Sorge (Urheberrecht)
Inhouse Recht (Wien): Dr. Paul Pospisil, Philipp Renninger, Christine Klug – aus dem Markt bekannt
Berater CTS Eventim
Esche Schümann Commichau (Hamburg) – nicht genannt
Mobile Kontrolle
Berater Konsortium Vitronic und Breuer
Leinemann & Partner (Köln): Dr. Oliver Homann; Associate: Dr. Martin Büdenbender (beide Vergaberecht) – aus dem Markt bekannt
Berater Efkon
Inhouse Recht (Raaba): Martin Rack – aus dem Markt bekannt
Vertreter Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
Greenberg Traurig (Berlin): Dr. Dieter Neumann (Federführung; Öffentliches Wirtschaftsrecht/Vergaberecht), Dr. Franz-Josef Hölzl (Vergaberecht), Dr. Viola Bensinger (Outsourcing/Datenschutzrecht), Dr. Stefan Lütje, Martin Dressel (beide Projektverträge), Dr. Josef Hofschroer (Gesellschaftsrecht), Dr. Christoph Enaux (Kartellrecht), Dr. Niklas Conrad (Streitbeilegung), Carsten Kociok (IT/Datenschutzrecht); Associates: Thomas Hinrichsen, Nicolas Wettstädt (beide Öffentliches Wirtschaftsrecht/Vergaberecht), Dr. Laura Zentner (Projektverträge), Natalie Hsiao (Gesellschaftsrecht),
KPMG Law (Berlin): Dr. Moritz Püstow (Federführung; Öffentliches Wirtschaftsrecht/Vergaberecht), Dr. Mario Ohle (Vergaberecht), Burkhard Frisch (Public Sector/Corporate), Julia Gielen, Marlene Lindemann, Alexander Pustal (alle Öffentliches Wirtschaftsrecht/Vergaberecht)
Hintergrund: Noerr kam über den Kontakt zu Kapsch ins Mandat für die Bietergemeinschaft. Sie hatte die Österreicher bereits zur LKW-Maut beraten. Nun ist das Team um die federführenden Partner Fedke und Frevert für die vertragsrechtlichen Verhandlungen mit dem Verkehrsministerium für das geplante Joint Venture beauftragt. Als vergaberechtliche Experten kamen die Anwält von Blomstein dazu. Die ehemaligen Freshfields-Anwälte halten schon länger Kontakt zur Kapsch-Geschäftsführung.
Zum Joint-Venture-Vertrag sowie zur Ausschreibung zur mobilen Kontrolle ließ sich Kapsch wiederum von Raue beraten, wie schon bei der Vergabe zur stationären Kontrolle der PKW-Maut vor Kurzem.
Greenberg und KPMG Law sind weiter gemeinsam für den Bund mandatiert, sie befassen sich bereits seit 2016 mit der Angelegenheit.
Wir haben den Artikel am 21.12.2018 um weitere Bieter und Berater ergänzt.