EPA

Amtsenthebungsverfahren gegen Mitglied der Beschwerdekammer eingeleitet

Der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes (EPA) hat gestern ein Amtsenthebungsverfahren gegen das bisher suspendierte Mitglied der Beschwerdekammer eingeleitet. Dies ist ein Präzedenzfall, da seit der Gründung des Amtes in den 1970er-Jahren nie ein solches Verfahren angestrengt wurde.

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Benoît Battistelli
Benoît Battistelli

Mit dieser Entscheidung ist der Verwaltungsrat nicht dem Vorschlag des EPA-Präsidenten Benoît Battistelli gefolgt. Wie gut informierte Kreise gegenüber JUVE berichteten, wollte Battistelli eine direkte Kündigung des Richters in der Verwaltungsratssitzung erreichen. Nach den EPA-Regeln ist eine Amtsenthebung eines Richters allerdings nur auf Empfehlung der Großen Beschwerdekammer möglich.

Bei der nun folgenden Verhandlung vor der Großen Beschwerdekammer des internen Gerichts, könnten Fragen zur internen Untersuchung des Vorfalls wieder thematisiert werden. Damit würde die Frage aufgeworfen, ob die öffentlichen Kritik und die Berichte stimmen, dass öffentlich zugängliche Computer im EPA überwacht wurden. Der Verwaltungsrat wies dagegen gestern darauf hin, dass der Disziplinarausschuss die Auffassung vertrete, dass das Ermittlungs- und Disziplinarverfahren korrekt durchgeführt wurde.

Im Dezember 2014 hatte EPA-Präsident Battistelli den Richter aus dem Münchner Amtsgebäude führen lassen und mit einem Hausverbot belegt. Diese Entscheidung wurde von Patentanwälten, Mitgliedern der Beschwerdekammern und sogar externen Richter scharf kritisiert, da sie hierin eine Gefährdung der Unabhängigkeit der Beschwerdekammer sahen.

Damals wurde der Vorwurf „Verbreitung diffamierenden Materials“ gegen den Richter publik. Gestern veröffentlichte das EPA in einer Pressemitteilung die Hauptanschuldigungen, welche der vom Verwaltungsrat eingesetzte Disziplinarausschuss gegen den suspendierten Richter vorbringt. Dabei geht es in erster Linie um den Vorwurf der Weitergabe von nicht öffentlichen Informationen und kritischer Meinungsäußerungen über die Tätigkeit der Beschwerdekammern. Ein zweiter Punkt wirft dem Richter vor, Anschuldigungen und Drohungen gegen das EPA und seine Mitarbeiter verbreitet zu haben. Für beides soll der Richter auch Pseudonyme verwendet haben. Dass die Vorwürfe zum jetzigen Zeitpunkt öffentlich gemacht wurden, wird allerdings teilweise als mögliche Rufschädigung kritisiert.

Außerdem befasste sich der Verwaltungsrat auf seiner gestrigen Sitzung mit dem seit gut einem Jahr schwelenden Konflikt zwischen Personalvertretern und Amtsführung. Der Verwaltungsrat beschloss, dass eine Evaluierung der EPA-Reformen der letzten fünf Jahre über eine Sozialstudie durchgeführt werden soll. Zur Verhärtung der Fronten trägt auch bei, dass gegen die Vorsitzende der Gewerkschaft SUEPO in München und der lokalen Personalvertretung Elizabeth Hardon derzeit ein Ermittlungsverfahren der internen Investigation Unit läuft, welches Elodie Bergot, Hauptdirektorin Personalwesen, eingeleitet hat.

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