Die Umfrageergebnisse basieren auf den Antworten von 224 Verantwortlichen, etwa 58 Prozent von ihnen General Counsel. Sie sehen den Rechtsbereich in Unternehmen krisenbedingt an Bedeutung gewinnen. Gegenüber JUVE äußern sie, dass sie stärker als Teil des Risikomanagements gesehen, enger ins operative Geschäft eingebunden und häufiger bei strategischen Projekten gefragt werden. Dieser Bedeutungsgewinn prägt auch die Art und Weise, wie sie sich selbst wahrnehmen. JUVE hat sie gefragt, wie sie ihre Rolle und die ihrer Teams zuallererst definieren.
Rund 24 Prozent der Befragten sehen sich als ‚Business Partner‘. Als solche orientiert sich ihre Einstellung zwar weiterhin am klassischen Selbstverständnis der Inhouse-Juristinnen und -Juristen als Rechtsberater. Sie entwickelt sich jedoch weiter. Denn ein ‚Business Partner‘ agiert nach JUVE-Interpretation bereits näher am operativen Geschäft als klassische ‚Rechtsberater‘. Mit der Rolle des Rechtsberaters identifizieren sich in der Umfrage noch rund 22 Prozent der General Counsel.
Den Ruf als Geschäftsverhinderer ablegen
Der Unterschied: Der Inhouse-‚Rechtsberater‘ lässt sich zuallererst von rechtlichen Erwägungen leiten. Mit Verweis auf rechtliche Argumente sagt er im Zweifel eher Nein als Ja. Diese Rolleninterpretation hat Inhouse-Abteilungen den Ruf als Geschäftsverhinderer eingebracht, die Unternehmen mit ihrem Problembewusstsein bremsen.
Als ‚Business Partner‘ beziehen Inhouse-Juristinnen und -Juristen das geschäftlich-strategische Interesse des Unternehmens in ihre interne Beratung ein. Sie zeigen sich operativen Argumenten gegenüber offener und verhalten sich insgesamt risikobereiter. Ein ähnliches Rollenverständnis ist das des ‚internen Dienstleisters‘, das insgesamt 16 Prozent der Befragten für sich in Anspruch nehmen.
Chancen durch Nähe zum Geschäft besser nutzen
Als Typ ‚Business Enabler‘ verstehen 22 Prozent der General Counsel sich und ihre Teams als festen Teil der laufenden Geschäfte ihrer Unternehmen. Sie sehen sich als Unterstützer, als Erfüllungsgehilfen der strategischen Geschäftsentwicklung der Unternehmen. Auch die Rolle des ‚strategischen Partners‘, die nur rund sieben Prozent der Befragten für sich in Anspruch nehmen, gehört in dieses Rollenverständnis.
Insgesamt rücken die Inhouse-Rechtsbereiche deutlich näher an die Unternehmensführung und die strategische Geschäftsentwicklung heran. Das zeigt sich im Bedeutungsgewinn der Rechtsbereiche, der sich aus der Umfrage ergibt. Ihre zunehmende Relevanz begründen General Counsel nicht zuletzt damit, dass immer neue staatliche und europäische Regeln nur dann strategische Chancen eröffnen, wenn sich jemand proaktiv damit auseinandersetzt.
Risikoperspektive ausbaufähig
Neue Regulierung setzt das Bestandsgeschäft aber auch neuen Risiken aus. Erstaunlich ist, dass die Identifikation mit der Rolle des ‚Risikomanagers‘ in der JUVE-Umfrage unterrepräsentiert ist. Nur neun Prozent der General Counsel gaben an, dass sie sich primär als Risikomanager verstehen. Das ist wenig gemessen an der Beachtung, die eine solche Rolle etwa im angloamerikanischen Rechtsraum erfährt. Und das ist auch deshalb wenig, weil die befragten Inhouse-Counsel den Bedeutungsgewinn ihrer Bereiche vor allem damit begründen, dass sie in ihren Unternehmen stärker als Teil des internen Risikomanagements gefragt sind.
Mehr zu den Ergebnissen der JUVE-Inhouse-Umfrage 2022 lesen Sie in der Ausgabe 02/2023 des JUVE Rechtsmarkt, die sich umfassend aktuellen Entwicklungen von deutschen Rechtsabteilungen widmet.