JUVE: Ihr Personaldienstleister Vario hat kürzlich die deutschen Anbieter Xenion und Xenia übernommen. Reicht Ihnen die klassische Rechtsberatung nicht mehr?
Rainer Kreifels: Wir glauben jedenfalls, dass der Markt für Projektjuristen und Managed Legal Services stark wachsen wird – und auf diesem Markt wollen wir ein gewichtiges Wort mitsprechen. Viele Konzerne nehmen dieses Angebot bereits an und sehen es als Alternative zur traditionellen Mandatierung von Kanzleien. Projektjuristen kommen vor allem in Großprojekten wie dem Dieselverfahren zum Einsatz, aber auch als Vertretung bei Elternzeiten und bei Secondments. Wir haben Vario bereits in England und Australien, Singapur und Hongkong etabliert – der Eintritt in den deutschen Markt über Zukäufe bestehender Anbieter lag also nahe.
Geht es nur um Personal oder auch um Technologie?
Bei Xenia geht es mehr um Managed Legal Services, häufig in einer Mischung aus Personal und Einsatz von geeigneter Software zur Effektivitätssteigerung. Da geht es dann beispielsweise darum, Lösungen für Projekte über viele Länder hinweg zu vereinheitlichen. Wir sehen uns als Alternative und Herausforderer der etablierten Kanzleien in Deutschland. Von ihnen unterscheiden wir uns durch unseren starken Sektorenansatz, unser Angebot innovativer Lösungen wie Vario und Smart Delivery sowie durch unsere aktiv gelebte Integrationskultur.
Apropos Integration: Sie haben im vergangenen Jahr auffällig viele Quereinsteiger dazugeholt …
Ja, ich denke, dass wir das ganz ordentlich machen. Die neuen Kolleginnen und Kollegen werden nicht einfach an einen Schreibtisch gesetzt und sich selbst überlassen. Unser Integrationsprogramm umfasst diverse Schulungen, vom Kennenlernen untereinander bis zur Geschäftsentwicklung. Dabei lernen die Quereinsteiger auch rasch viele ihrer Kolleginnen und Kollegen aus den internationalen Büros von Pinsent Masons kennen.
Gibt es weitere Wachstumspläne?
Ja. In München sind wir schon ziemlich stark und suchen nur punktuell Verstärkung, etwa für das Litigation-Team und einen starken Corporate-Partner. Auch in Düsseldorf wollen wir noch einzelne Praxen wie das Energierecht und IP verstärken. Im Kartellrecht haben wir mit Prof. Dr. Jürgen Meyer-Lindemann gerade auch einen prominenten Quereinsteiger in Düsseldorf gewonnen.
Wie sieht es in Ihrem jüngsten deutschen Büro aus, in Frankfurt?
Auch dort wollen wir weiterwachsen. Nach nur einem Jahr haben wir bereits über 20 Anwälte. Um eine kritische Masse und mehr Glaubwürdigkeit zu erlangen, wollen wir das Team aber weiter rasch ausbauen – 50 bis 60 Berufsträger sind mittelfristig das Minimum.
Bleibt bei einem so rapiden Wachstum nicht irgendwann die Qualität auf der Strecke?
Wir haben das natürlich im Blick, von Wachstum um jeden Preis kann keine Rede sein. Es steigt ja nicht nur der Umsatz stetig, sondern wir können auch beim Umsatz pro Berufsträger ein Plus verzeichnen.
Beim UBT, zuletzt 377.000 Euro, sind viele vergleichbare Wettbewerber weiter.
Wir sind noch relativ jung am deutschen Markt, in dieser Phase kommt es nicht nur auf Produktivität und Profitabilität an, sondern eben auch auf das positive Momentum und Wachstum. Denn dieses Wachstum schafft Glaubwürdigkeit, weil es auch ein Statement ist: Wir wollen uns fest etablieren. Und dafür, dass wir noch keine zehn Jahre in Deutschland tätig sind, sind wir doch schon weit gekommen – immerhin zählen wir inzwischen zu den Top-50-Kanzleien.
Das Gespräch führten Melike Vardar und Konstanze Richter.