Verband der Wirtschaftskanzleien

Lobbyprojekt am Start: Mit CMS und Heuking – aber ohne Magic Circle

Seit einem halben Jahr wurde sondiert, beraten und an der Satzung gefeilt – nun ist es vollbracht: Am vergangenen Dienstag fand in Frankfurt die konstituierende Sitzung des ‚Bundesverbands der Wirtschaftskanzleien in Deutschland‘ statt. 31 Kanzleien waren bei dem Treffen vertreten, das in den Büroräumen von GvW Graf von Westphalen stattfand.

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Der Bundesverband der Wirtschaftskanzleien – kurz: BWD – versteht sich als Sprachrohr von mehr als 50 Wirtschaftskanzleien, die über eine Niederlassung in Deutschland verfügen.

Die Gründungsmitglieder beschäftigen nach eigenen Angaben 4.600 Anwältinnen und Anwälte sowie weitere 8.000 Mitarbeitende und erwirtschaften einen Jahresumsatz von 2,1 Milliarden Euro.

Nach dem JUVE vorliegenden Leitbild eint die Mitgliedssozietäten, dass sie Unternehmen strategisch und langfristig beraten, für Diversität unter ihren Mitarbeitenden stehen, sich an ESG-Kriterien orientieren sowie für eine leistungsfähige Rechtsstaatlichkeit eintreten.

Ein Affront für den DAV

Die Gründung des Verbands markiert für die Anwaltschaft in Deutschland einen Einschnitt. Denn eine eigenständige Lobbyorganisation für Kanzleien gibt es hierzulande noch nicht. In den bestehenden Organisationen, den Anwaltskammern und dem Deutschen Anwaltverein (DAV), ist die Mitgliedschaft bislang an die einzelnen Anwältinnen und Anwälte geknüpft, aber nicht an Kanzleien als Organisationen. Zwar ändert sich das ab August, ab dann nimmt die neue Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) auch Berufsausübungsgesellschaften in den Blick – dennoch bleibt die Idee einer Interessenvertretung für eine bestimmte Gruppe von Anwaltskanzleien neu.

Zudem ist die Gründung ein Affront gegenüber dem DAV. Dessen Präsidentin Edith Kindermann hatte noch vor wenigen Wochen versucht, mit einem neuen ‚Forum für Wirtschaftskanzleien‘ ein Gegengewicht zum BWD zu schaffen. Beim DAV ist die Auftaktveranstaltung für das Forum am 7. April angesetzt, also eine Woche nach der Gründungsversammlung des BWD. In Teilnehmerkreisen heißt es allerdings, dass BWD und DAV ein „wirkliches Nebeneinander“ anstreben sollten, also auch die Möglichkeit für gemeinsame Stellungnahmen bestehen soll.

Ob das Engagement des BWD von Erfolg gekrönt sein wird, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: zum einen davon, ob sich ausreichend Kanzleien als Mitglieder finden. Zum anderen davon, ob es dem BWD gelingt, bei den zentralen rechtspolitischen Themen der kommenden Monate erfolgreich mitzumischen. Nach den JUVE vorliegenden Materialien will der neue Verband rechtspolitisch etwa die Frage des Fremdbesitzverbots in Kanzleien sowie die Auswirkungen von Legal-Tech-Gesellschaften auf Kanzleistrukturen in den Fokus nehmen. Zudem steht ein Erfahrungsaustausch zu praktischen Themen wie Cybersecurity oder den strengeren Geldwäschevorschriften auf der Agenda.

Als ihre Zielgruppe sehen die Initiatoren des BWD rund 200 Wirtschaftskanzleien in Deutschland. Die Initiatoren sind der langjährige Managing-Partner von Osborne Clarke, Stefan Rizor, sowie der unter anderem als Verleger tätige Prof. Dr. Thomas Wegerich. 

Auf der Gründungsversammlung wurde nun die Satzung verabschiedet und die Eintragung ins Vereinsregister beschlossen. Zudem wurde die Mitglieder des Vorstands gewählt und die Geschäftsführung bestimmt.

Diese Kanzleien sind dabei

Zur Frage, wer konkret an der Gründungsversammlung teilgenommen hat, und über weitere Details wird der BWD am morgigen Freitag berichten.

Allerdings waren nach JUVE-Informationen jedenfalls folgende 19 Kanzleien (in alphabetischer Reihenfolge) dabei: Advant Beiten, Arnecke Sibeth, Ashurst, Baker Tilly, Becker Büttner Held, Buse, CMS Hasche Sigle, Esche Schümann Commichau, GvW Graf von Westphalen, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Heussen, Luther, Mazars, Osborne Clarke, Reuschlaw, Rödl & Partner, Seitz, Taylor Wessing, Wellensiek.

Dem Verband positiv gegenüber stehen nach JUVE-Informationen zudem Bird & Bird, Dentons, Herbert Smith Freehills, Hogan Lovells, KPMG Law, Mayer Brown und McDermott Will & Emery. Auch Milbank und WilmerHale hätten Interesse signalisiert, heißt es.

Auffällig ist, dass einige der absoluten Top-Kanzleien bislang nicht dabei sind. Das gilt für die britischen Magic-Circle-Kanzleien Allen & Overy, Clifford Chance, Freshfields Bruckhaus Deringer und Linklaters ebenso wie für die deutschen Top-Sozietäten Gleiss Lutz, Hengeler Mueller und Noerr oder für internationale Großkanzleien wie Baker McKenzie, Latham & Watkins und White & Case.

BWD-Befürworter sind vom Ausbleiben der vermeintlich wichtigsten Kanzleien in Deutschland nicht überrascht: „Einige haben nur die Auftaktsitzung abgewartet und werden sich nun anschließen. Andere machen prinzipiell bei gar nichts mit“, sagt einer.

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