Der Gewinn Kusserows fügt sich fast nahtlos in das Bild ein, das die Kanzlei im vergangenen Jahr vermittelte. Allen & Overy ist derzeit eine der expansivsten Großkanzleien am deutschen Markt und für wechselwillige Top-Anwälte eine der ersten Adressen. Rund zehn Partner verpflichtete sie in verschiedenen Praxen, darunter renommierte Namen wie im Arbeitsrecht Hans-Peter Löw (mehr…) und Thomas Ubber (mehr…). Derzeit arbeiten in Deutschland rund 180 Anwälte für Allen & Overy. Binnen Jahresfrist will die Kanzlei aber bereits bis zu 250 Anwälte zählen.
Kusserow leitete das Linklaters-Kapitalmarktteam viele Jahre lang. 2010 schied er dann aus der Partnerschaft aus und wechselte in den Status eines of Counsels. Nun will Kusserow aber noch einmal voll angreifen: „Meine Lebensplanung hat sich in den vergangenen beiden Jahren ein wenig geändert. Ich habe gemerkt, dass ich mich doch noch nicht Stück für Stück auf mein Altenteil zurückziehen möchte. Viel lieber möchte ich noch einmal interessante Mandate an vorderster Front führen. Ähnlich wie früher bei Linklaters möchte ich mit meiner Erfahrung aus zwei Jahrzehnten dazu beitragen, dass die Praxis eine der stärksten in Deutschland wird“, sagte Kusserow.
Andreas Steck, Banking-Fachbereichsleiter von Linklaters, sagte: “ Berthold Kusserow hat den Aufbau der deutschen Kapitalmarktpraxis maßgeblich mitgeprägt und wir blicken auf eine gute und kollegiale, über 20-jährige Zusammenarbeit zurück.“ Nach dem Weggang von Kusserow erfolgt die Kapitalmarktberatung bei Linklaters weiter durch sechs Partner mit ihren Teams.
Bei Allen & Overy verstärkt Kusserow das Team um Frank Herring, der selbst erst im vergangenen Jahr von Norton Rose mit einigen Mitarbeitern hinzugestoßen war (mehr…). Seither steht Herring, einer der bundesweit angesehensten Investment- und Aufsichtsrechtler, an der Spitze der deutschen Praxis für International Capital Markets (ICM) bei Allen & Overy.
Das ICM-Team ist das Herzstück der Kapitalmarktberatung bei Allen & Overy. Hier fasst die Kanzlei neben der Arbeit im Investment- und Aufsichtsrecht die Beratung zu einem Großteil der am Kapitalmarkt angebotenen Produkte zusammen. Dazu gehören etwa Anleihen, Derivate, Verbriefungen und Fonds. Nur die eigenkapitalmarktrechtliche Arbeit an Produkten wie IPOs und Kapitalerhöhungen sind nicht hier, sondern im Team für Equity Capital Markets (ECM) aufgehängt.
Bislang unter den eigenen Möglichkeiten
Allerdings stand die ICM-Praxis in den vergangenen Jahren immer deutlich im Schatten der Praxis im britischen Heimatmarkt und agierte auch im Vergleich mit anderen Teilen des deutschen Bank- und Kapitalmarktteams weniger auffällig. Zwar ist sie regelmäßig in komplexen und prestigeträchtigen Mandaten vertreten, etwa im Zusammenhang mit Derivaten. In anderen klassischen produktbezogenen Themen, vor allem bei Anleihen, konnte die ICM-Praxis sich aber nicht entscheidend in Szene setzen und schöpfte auch in der Gesamtbetrachtung nicht das Potenzial aus, das ihr Wettbewerber und Marktbeobachter zuschreiben.
Dies fällt umso mehr ins Gewicht, da die gesamte Bank- und Kapitalmarktpraxis von Allen & Overy international traditionell das Aushängeschild der Kanzlei schlechthin ist. Entsprechend hatte Allen & Overy in Deutschland den Ausbau der ICM-Arbeit schon länger als dringend notwendig identifiziert. Mit Kusserow zählt das Team nun rund 20 Anwälte, davon 5 Partner.
Praxis mit zentraler Bedeutung für Allen & Overy
„Unsere Mandanten erwarten von uns, dass wir das Profil unserer Kapitalmarktpraxis weiter schärfen und unsere Expertise außer in den Bereichen Anleihen und strukturierte Kapitalmarktprodukte auch im Bereich Bankenrestrukturierung weiter ausbauen. Mit Berthold Kusserows Wechsel zu Allen & Overy gehen wir einen wichtigen Schritt in unserem strategischen Vorhaben, den Bereich Kapitalmarktrecht systematisch weiter zu entwickeln und als eine führende Praxis im deutschen Markt zu etablieren“, sagte Neil Weiand, Senior Partner und Spitze der Kanzlei in Deutschland.
„Berthold Kusserow bringt große Erfahrungen aus einer ganzen Reihe hochkarätiger Anleihe-Transaktionen mit, die uns helfen werden, diesen Bereich signifikant weiter zu entwickeln. Außerdem hat er maßgeblich bei einigen wichtigen Bankenrestrukturierungen beraten“, sagte Herring.
Aufholjagd geht weiter
Bereits mit Herrings Einstieg hatte Allen & Overy ein klares Zeichen gesetzt und ihre Ambitionen untermauert, im Bank- und Finanzrecht zu breit aufgestellten Spitzenkanzleien wie Clifford Chance, Freshfields Bruckhaus Deringer, Hengeler Mueller oder Linklaters noch mehr aufzuschließen. Sein Einstieg brachte im Investment- und Aufsichtsrecht den lange erwarteten Schub. In anderen Sparten der Bank- und Finanzberatung steht die Kanzlei dagegen hierzulande schon sehr gut da. Das Kredit- und Akquisitionsfinanzierungsteam gehört zu den angesehensten Adressen, und das ECM-Team hat sich daran gemacht, einer der schärfsten Verfolger der Marktspitze zu werden. (René Bender)