BGH zu Corona-Lockdowns

AXA muss nicht für Betriebsschließungen aufkommen

Gastronomen können bei coronabedingten Betriebsschließungen in der Regel nicht mit einer Entschädigung von ihrer Versicherung rechnen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Zehntausende Betriebe hatten sich für den Fall behördlich angeordneter Schließungen versichert, doch in den Corona-Lockdowns eine Absage kassiert.

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Foto: Lothar Nahler/stock.adobe.com

Einer der zahlreichen Kläger ist der Betreiber eines Restaurants in Travemünde, der seinen Betrieb während der Lockdowns für mehrere Monate schließen musste. Deshalb forderte er rund 40.000 Euro von seiner bei der AXA abgeschlossenen Betriebsschließungsversicherung.

Doch bereits die Vorinstanzen urteilten: Weil die Corona-Pandemie nicht explizit im Vertrag genannt ist, musste die Versicherung nicht zahlen. Auch der BGH erklärte, der Versicherer müsse nur für Krankheitserreger aufkommen, die in einer Liste in den Vertragsklauseln aufgeführt seien. Dazu zählte weder Covid-19 noch Sars-CoV-2 (Az. IV ZR 144/21). 

Thomas Winter

Auf die Krankheit kommt es an

Doch es gab eine lange Liste mit Krankheiten und Krankheitserregern. BGH-Anwalt Siegfried Mennemeyer argumentierte, niemand lese sich eine auch noch sehr klein gedruckte Liste durch. Über der stehe – deutlich größer – das „Versprechen“, bei einer Betriebsschließung versichert zu sein.

Eine solch detaillierte Auflistung ergebe aber keinen Sinn, wenn jede meldepflichtige Krankheit vom Versicherungsschutz umfasst sein sollte, sagte die Vorsitzende Richterin Barbara Mayen bei der Urteilsverkündung. Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer könne erkennen, dass die Liste abschließend sei. 

Weitreichende Bedeutung

Bei den Gerichten sind derzeit zahlreiche weitere vergleichbare Verfahren anhängig, allein beim BGH sind es ungefähr 160. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft verweist auf 470 erstinstanzliche Verfahren, von denen etwa jedes zehnte gegen die Mitglieder entschieden worden sei. Bei den Berufungsverfahren seien 95 Prozent für die Versicherer geendet.

Siegfried Mennemeyer

Vertreter AXA
Rohnke Winter (Karlsruhe): Dr. Thomas Winter (BGH-Vertretung)
Clyde & Co (Düsseldorf): Dr. Henning Schaloske – aus dem Markt bekannt

Vertreter Gastronom
Mennemeyer & Rädler (Karlsruhe): Dr. Siegfried Mennemeyer (BGH-Vertretung)
Prehn Stamer Schumacher (Lübeck): Gerrit Schlüter

Bundesgerichtshof, IV. Zivilsenat
Barbara Mayen (Vorsitzende Richterin)

Hintergrund: Die AXA setzt regelmäßig auf die renommierte Versicherungspraxis von Clyde, dem Vernehmen nach auch in zahlreichen weiteren Verfahren zu Betriebsschließungsversicherungen. Mit BGH-Anwalt Winter arbeitet die Kanzlei ebenfalls häufig zusammen.

Diverse weitere Verfahren in dem Zusammenhang führt zudem die ausschließlich auf die Beratung von Versicherern spezialisierte Kanzlei BLD Bach Landheid Dallmayr. (mit Material von dpa)

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