Die Kartellbehörde ermittelt seit knapp fünf Jahren. Sie wirft den Kartellanten vor, jahrzehntelang die Preise abgesprochen beziehungsweise geschäftliche Informationen ausgetauscht zu haben. Medienberichten zufolge hatte ein anonymer Hinweis das Kartellverfahren ins Rollen gebracht, darauf folgte eine Durchsuchung beim westfälischen Fleischwarenhersteller Heinrich Nölke (Gutfried). Das Unternehmen ist in diesem Verfahren einer der Kronzeugen. Zehn weitere Unternehmen stellten einen Bonusantrag mit dem Ziel, einen Strafnachlass im Gegenzug zu einer umfassenden Kooperation mit dem Amt zu erhalten.
85 Prozent der Bußgeldsumme, knapp 290 Millionen Euro, entfallen auf sechs Kartellanten, die Teil von Konzernen sind: Bell Deutschland (vormals Abraham/Zimbo, Coop-Gruppe), Zur-Mühlen-Gruppe (Clemens Tönnies), Herta (Nestlé), Lutz Fleischwaren (Vion), Stockmeyer (Heristo) und Wiesenhof (PHW-Gruppe). Mehrere Beteiligte wollen gegen den Bescheid Einspruch einlegen, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheidet. Vor allem die beiden Unternehmen mit den höchsten Strafen werfen dem Kartellamt Fehler bei der Bußgeldbemessung vor.
Bei Bell geht es um die Frage, ob das Unternehmen für die Kartellverstöße zweier mittlerweile untergegangener Tochtergesellschaften (Abraham und Zimbo) überhaupt haftbar zu machen ist. In einem ähnlich gelagerten Fall hatte der Bundesgerichtshof 2012 entschieden, dass der Versicherer HDI-Gerling nicht für eine Kartellbuße einstehen muss, die vor der Fusion der Versicherer gegen den Gerling-Konzern verhängt worden war.
Bei Tönnies geht es vor allem um die Bemessung des Bußgelds. Tönnies‘ Zur-Mühlen-Gruppe, insbesondere deren Töchter Könecke und Böklunder Plumrose, waren nach Überzeugung der Wettbewerbsbehörde an dem Wurstkartell beteiligt. Tönnies moniert, das Kartellamt habe bei der Ermittlung der Bußgeldhöhe den Gesamtumsatz aller Tönnies-Unternehmen zugrunde gelegt, obwohl die Zur-Mühlen-Gruppe mit dem Rest des Konzerns rechtlich nicht verflochten sei. Schon bevor der Bußgeldbescheid des Kartellamts vorlag, kündigte die Zur-Mühlen-Gruppe rechtliche Schritte an.
Vertreter Heinrich Nölke
Linklaters (Düsseldorf): Dr. Daniela Seeliger; Associate: Dr. René Grafunder
Vertreter Bell Deutschland
Allen & Overy (Hamburg): Dr. Ellen Braun; Associates: Dr. René Galle, Vera Thiemann
Vertreter Böklunder Plumrose und Zur-Mühlen-Gruppe
Bergmann (Köln): Dr. Bettina Bergmann
Vertreter Könecke
Field Fisher Waterhouse (Hamburg): Dr. Christian Bahr
Vertreter Clemens Tönnies
Hengeler Mueller (Düsseldorf): Dr. Christoph Stadler; Associate: Dr. Lars Mesenbrink
Vertreter Westfälische Fleischwarenfabrik Stockmeyer
Freshfields Bruckhaus Deringer (Düsseldorf): Dr. Tobias Klose
Vertreter Herta/Nestlé
Reysen (Frankfurt): Dr. Marc Reysen
Linklaters (Brüssel): Dr. Wolfgang Deselaers
Vertreter Lutz Fleischwaren
Linklaters (Brüssel): Dr. Bernd Meyring
Vertreter Wiesenhof (PHW-Gruppe)
Berding & Partner (Dinklage): nicht bekannt
Vertreter Reinert Gruppe
SZA Schilling Zutt & Anschütz (Mannheim): Hans-Joachim Hellmann
Vertreter Sickendiek Fleischwarenfabrik
SZA Schilling Zutt & Anschütz (Mannheim): Dr. Christina Malz
Vertreter Rügenwalder Mühle
Glade Michel Wirtz (Düsseldorf): Dr. Markus Wirtz; Associate: Eike Eden
Vertreter Kemper
Cleary Gottlieb Steen & Hamilton (Köln): Dr. Romina Polley
Vertreter Höhenrainer Delikatessen
Buntscheck (München): Dr. Martin Buntscheck; Associate: Hanna Stichweh
Vertreter Hans Kupfer & Sohn
Roxin (München): Michael Reinhart
Vertreter Meica Ammerländische Fleischwarenfabrik
Hengeler Mueller (Düsseldorf): Jochen Burrichter; Associate: Dr. Enno Ahlenstiel
Vertreter Ponnath/Die Meistermetzger
Gleiss Lutz (München): Dr. Ingo Brinker
Vertreter Willms Fleisch
Redeker Sellner Dahs (Brüssel): Dr. Andreas Rosenfeld; Associate: Caroline Hemler
Vertreter Metten Fleischwaren
Kümmerlein (Essen): Dr. Torsten Uhlig
Vertreter Heidemark Mästerkreis
WilmerHale (Berlin): Dr. Stefan Ohlhoff; Associate: Natalie Achenbach
Vertreter Franz Wiltmann
Löffler Wenzel Sedelmeier (Stuttgart): Prof. Joachim Ritter von Strobl-Alberg
Vertreter Marten Vertrieb
Löffler Wenzel Sedelmeier (Stuttgart): Michael Laudahn
Vertreter Rudolf und Robert Houdek
Zirngibl Langwieser (München): Martin Gebhardt
Vertreter Döllinghareico
Esche Schümann Commichau (Hamburg): Dr. Dirk Meinhold-Heerlein; Associate: Dr. Philipp Engelhoven
Vertreter Bundeskartellamt, 12. Beschlussabteilung
Michael Teschner (Vorsitzender), Tobias Glass (Berichterstatter)
Hintergrund: Alle Vertreter sind aus dem Markt bekannt und beraten ihre Mandanten überwiegend bereits seit Jahren.
Hengeler steht Clemens Tönnies auch in einem aktuellen Gesellschafterstreit zur Seite. Hier hatte das Bundeskartellamt ein Bußgeld verhängt, weil ihm Angaben über die wesentliche Mehrheitsbeteiligung von Tönnies an der Zur-Mühlen-Gruppe fehlten. Dabei waren die Kartellrechtspartner Dr. Christoph Stadler und Jochen Burrichter eingebunden.
In dem Wurstverfahren ließen sich auch die Fleischfabrikanten Steinhaus und Schafft beraten: Steinhaus setzte nach Marktinformationen auf Hogan Lovells, hier berieten der Hamburger Partner Dr. Marc Schweda und Jan Eggers. Schafft ließ sich von dem Hamburger White & Case-Partner Dr. Börries Ahrens beraten.
Linklaters vertritt – ungewöhnlich im Kartellverfahren – gleich drei beteiligte Unternehmen. Während Kronzeuge Nölke auf die Düsseldorfer Partnerin Seeliger setzte, ließ sich die Vion-Tochter Lutz Fleischwaren vom Brüsseler Partner Meyring vertreten. Für Nestlé-Tochter Herta führte Reysen das eigentliche Kartellverfahren. Zuletzt übernahm der Brüsseler Linklaters-Partner Deselaers die Federführung, auch Reysen ist weiterhin Teil des Teams für Nestlé.