Online-Videorekorder

RTL und Sat.1 müssen mit McDermott und Raue zurück zum OLG Dresden

Anbieter von Internet-Videorekorder-Diensten greifen in die Rechte von Fernsehsendern ein. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH). In dem Fall geklagt hatten RTL und Sat.1. Das Oberlandesgericht Dresden soll nun aber klären, ob die Sender aufgrund eines sogenannten Kontrahierungszwangs nicht eine Lizenzvereinbarung mit den Unternehmen shift.TV und Save.TV abschließen müssen.

Teilen Sie unseren Beitrag
Wolfgang Freiherr Raitz von Frentz
Wolfgang Freiherr Raitz von Frentz

Der BGH folgte einer Forderung der Sendeanstalten und erklärte das Angebot für eine Kabelweitersendung. Die Richter griffen aber auch eine Argumentationslinie der Beklagten auf und verwiesen das Verfahren zurück an das Oberlandesgericht Dresden. Dieses soll nun klären, ob die Sender aufgrund eines sogenannten Kontrahierungszwangs eine Lizenzvereinbarung mit den Unternehmen shift.TV und Save.TV abschließen müssen.

Nach Bestimmungen des Urheberrechts sind Sendeunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, mit Kabelunternehmen Verträge über die Kabelweitersendung abzuschließen.  Diese obligatorische Lizensierung der Weitersendungsrechte setzt allerdings voraus, dass die Online-Videorekorder-Anbieter bereits Lizenzgebühren gezahlt oder hinterlegt haben.

Das Berufungsgericht ist daher aufgefordert, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erhebung eines sogenannten Zwangslizenzeinwands vorliegen. Nach JUVE-Informationen sind bereits nach vorherigen Verfahrensetappen finanzielle Reserven von den Beklagten hinterlegt worden.

Wären die Voraussetzungen eines Zwangslizenzeinwands erfüllt, so müsste – laut BGH – das OLG Dresden den Rechtsstreit zunächst aussetzen, um den Mitschnitts-Unternehmen die Anrufung der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt zu ermöglichen. Die Schiedsstelle hätte zunächst in einem maximal einjährigen Verfahren zu prüfen, ob die Beklagten einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung haben. Sollte die Schiedsstelle die Voraussetzungen für den Abschlusszwang bejahen, so wäre in dem dann auszuhandelnden Lizenzvertrag auch die Zahlung einer angemessenen Vergütung zu regeln.

Die umstrittene Dienstleistung

Der von Netlantic in Ismaning betriebene Service shift.TV und der in Hamburg angesiedelte Anbieter Save.TV stellen jeweils webbasierte Videorekorder zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen zur Verfügung. Sie greifen dafür das Satellitensignal der Sender ab und leiten es an virtuelle Rekorder weiter.

Endkunden erhalten die online bestellten Mitschnitte dann gegen Entgelt als digitalen Content, im Stream oder zum Download. Mit divergierenden technischen Systemen stehen shift.TV und Save.TV im Wettbewerb, auch zu ausländischen Diensten wie Bong.TV oder myAbo.tv.

Seit 2005 versuchen die Sendeanstalten die unautorisierte Einbindung und Nutzung ihrer Signale zu unterbinden. Der BGH musste sich daher nicht das erste Mal mit den Internet-Videorekorder-Diensten shift.TV und Save.TV auseinandersetzen. Bereits 2009 hatte der BGH eine Entscheidung des OLG Dresden aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Das OLG Dresden hatte damals zu klären, ob es sich bei der virtuellen Aufzeichnung um ein automatisiertes Verfahren handelt oder nicht – und somit um eine zulässige oder eine unrechtmäßige Privatkopie. Es sollte auch die urheberrechtliche Zulässigkeit der ‚Werkübermittlung‘ überprüfen. Sowohl die Vervielfältigung als auch die Weitersendung wurde vom BGH damals als zustimmungspflichtig bewertet.

Weiterhin alles offen

Sendervertreter sehen sich von der neuen Stellungnahme des BGH in ihrer Auffassung bestätigt, dass die Einbindung von Sendesignalen ihrer Zustimmung bedarf. Online-Videorekorder-Vertreter verstehen die Nachricht aus Karlsruhe hingegen als konstruktiven Beitrag, um die rechtlichen und finanziellen Eckdaten zur Nutzung von Sendesignalen im digitalen Zeitalter weiter auszuloten.
Das vollständige Urteil lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Vertreter RTL
McDermott Will & Emery (München): Dr. Wolfgang Freiherr Raitz von Frentz, Dr. Christian Masch (beide Technologie-/Medien-/Telekommunikationsrecht), Dr. Philip Werner (Kartellrecht; Brüssel); Associate: Oliver Fischer (Technologie-/Medien-/Telekommunikationsrecht)
Dr. Achim von Winterfeld (Karlsruhe; BGH-Vertretung)

Pietro Graf Fringuelli
Pietro Graf Fringuelli

Vertreter Sat.1
Raue (Berlin): Dr. Markus Plesser
Prof. Dr. Achim Krämer (Karlsruhe; BGH-Vertretung)

Vertreter Netlantic/shift.TV
CMS Hasche Sigle (Köln): Dr. Pietro Graf Fringuelli, Prof. Dr. Winfried Bullinger (Berlin), Florian Dietrich (Köln)
Jordan & Hall (Karlsruhe): Götz Jordan (BGH-Vertretung)

Vertreter Save.tv
KV Legal (Berlin): Christlieb Klages
Jordan & Hall (Karlsruhe): Götz Jordan (BGH-Vertretung)
JBB Rechtsanwälte (Berlin): Thorsten Feldmann

Bundesgerichtshof, I. Zivilsenat
Prof. Dr. Joachim Bornkamm (Vorsitzender Richter)

Hintergrund: Die Verfahrensvertreter sind im Großen und Ganzen seit vielen Jahren an der Seite ihrer Mandanten. Sie traten bereits im Jahr 2009 in dieser Konstellation vor dem BGH auf. Allerdings war Christlieb Klages damals noch für die Kanzlei Hertin tätig. Anfang 2012 gründete er mit seinem Kollegen Dr. Urs Verweyen die Medienboutique KV Legal in Berlin.

Das versierte Medien-Team von CMS begleitet Netlantic/shift.TV in diesem Verfahren laut Marktinformationen seit der zweiten Instanz. Zuvor wurde das bayerische Unternehmen demnach vom Münchner PSP-Partner Dr. Christoph Wallner beraten. CMS-Partner Graf Fringuelli vertritt auch eine der Kabelgesellschaften im schwelenden Konflikt um Einspeisegebühren, die Sendeanstalten an große Kabelgesellschaften entrichten (mehr...).

Freiherr Raitz von Frentz war für seine guten Kontakte zu Sendeanstalten schon bekannt, als er im Jahr 2004 bei McDermott einstieg (mehr...). So war er beispielsweise im Freshfields-Team, das den Musiksender Viva bei der Übernahme der Brainpool TV AG unterstützte (mehr...). Die Sendeanstalt RTL beraten er und Masch in dem laufenden Verfahren seit Anfang an. Der Brüsseler Partner Werner wurde für die kartellrechtlichen Fragen hinzugezogen.

Sat.1-Vertreter Plesser gehörte zu dem großen Team von Hogan & Hartson Raue, das 2010 von der Fusion mit Lovells zurücktrat und sich unter dem Namen Raue selbständig machte (mehr…).

Prozessbeteiligten zufolge übernahm im Laufe des Verfahrens die Berliner Kanzlei JBB eine wichtige Rolle bei der Vertretung von Save.tv.

Artikel teilen