Hintergrund des Streits: Almased hatte Apothekern für das Produkt ‚Vital Kost‘ 30 Prozent Rabatt auf den Einkaufspreis angeboten, wenn die sich zu einem Mindestverkaufspreis von 15,95 Euro verpflichteten. Dagegen klagte die Wettbewerbszentrale, eine Organisation zur Durchsetzung von Wettbewerbs- und Verbraucherschutzvorschriften, die von mehr als 1.200 Unternehmen und 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft getragen wird.
Die Wettbewerbszentrale siegte 2015 in erster Instanz: Auch das Landgericht Hannover erblickte in der Rabattpraxis einen Kartellverstoß und verurteilte Almased auf Unterlassung (Az. 18 O 91/15). Das OLG Celle aber hob dieses Urteil in der Berufung auf und wies die Klage ab (Az. 13 U 124/15 (Kart)). Eine vom Hersteller vorgegebene Preisuntergrenze stelle zwar eine vertikale Preisbindung dar. Diese sei im konkreten Fall jedoch nicht kartellrechtswidrig, da sie keine spürbaren Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen mit derartigen Produkten habe. Die Richter waren sich sogar so sicher, dass sie keine Revision zuließen.
Wettbewerbsbeschränkungen sind immer spürbar
Über eine Nichtzulassungsbeschwerde erreichte die Wettbewerbszentrale nicht nur, dass sich der BGH doch noch mit der Frage beschäftigte – am Ende drehte sich sogar der Wind noch einmal um 180 Grad, und die Karlsruher Richter bestätigten das LG-Urteil, das nun rechtskräftig ist. Ein Grund für die noch nicht veröffentlichte Entscheidung dürfte sein, dass eine vertikale Preisbindung eine Kernbeschränkung des Wettbewerbs ist – und diese wirkt sich gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung stets spürbar auf den Wettbewerb aus (Expedia gegen französische Kartellbehörde, Az. C-226/11).
Die Frage, welche Vertriebsvorgaben Markenhersteller Händlern unter welchen Bedingungen machen dürfen, ist ein Dauerbrenner im Vertriebsrecht. Mit großer Spannung erwartet die Szene derzeit ein Urteil des EuGH im Fall Coty. Dabei geht es darum, ob der Luxusparfüm-Konzern Händlern den Vertrieb seiner Produkte über Internetplattformen wie Amazon Marketplace verbieten darf. Der Fall hat grundsätzliche Bedeutung für den gesamten Internethandel in Europa.
Vertreter Wettbewerbszentrale
Rohnke Winter (Karlsruhe): Prof. Dr. Christian Rohnke (BGH-Vertretung)
Dr. Lange Brodersen Dr. Spils ad Wilken (Celle): Andreas Kohlrautz
Vertreter Almased
Dr. Brunhilde Ackermann (Karlsruhe; BGH-Vertretung)
Sachs (Hamburg): Christel Sachs – aus dem Markt bekannt
Hintergrund: Die Wettbewerbszentrale führt regelmäßig Verfahren bis zum BGH, zuletzt etwa im Zusammenhang mit Rabatten im Apothekengroßhandel, der Preiskennzeichnung von Hörgeräten im Schaufenster oder der Bewertung von Ärzten im Internet. Stammvertreterin der Wettbewerbszentrale vor dem BGH war lange Cornelie von Gierke, die bis Ende vergangenen Jahres mit Prof. Dr. Christian Rohnke in gemeinsameer Kanzlei tätig war. Dann gab von Gierke ihre BGH-Zulassung zurück, und Rohnke schloss sich mit Dr. Thomas Winter zu Rohnke Winter zusammen. Nach dem Rückzug von Gierkes mandatiert die Wettbewerbszentrale häufiger deren früheren Kanzleipartner Rohnke. An dem nun entschiedenen Almased-Fall hatte von Gierke aber noch mitgewirkt.
In der Instanz streut die Wettbewerbszentrale ihre Verfahren auf eine große Gruppe von Kanzleien, darunter Klaka, Stolzenberg, Friedrich Graf von Westphalen und andere. Auch Kohlrauz war bereits häufiger für die Wettbewerbszentrale tätig. Der Kontakt zwischen ihm und der Organisation kam ursprünglich über Hans-Eike Keller zustande. Der heutige BGH-Anwalt war bis zum Jahr 2000 wie Kohlrautz als Singularanwalt am Oberlandesgericht Celle zugelassen.
Das Coty-Verfahren vor dem EuGH führen Dr. Oliver Spieker von Görg für die Parfümerie Akzente und Dr. Andreas Lubberger von Lubberger Lehment für Coty Deutschland.