JUVE: Nach vielen Jahren des Friedens gibt es einen Rückfall in alte, dunkle Zeiten. Das macht Diskussionen über Kanzleiorganisation und Geschäftsentwicklung zur Nebensache …
Dr. Hubertus Kolster: In der Tat! Die Invasion Russlands in die Ukraine ist ein Angriff auf Freiheit und Demokratie. Das ist zutiefst erschütternd, und ich muss deutlich sagen, wie betroffen und fassungslos mich und unsere Sozietät dieser Krieg und die humanitäre Katastrophe machen. Unsere Solidarität gilt der ukrainischen Bevölkerung. Hilfsmaßnahmen seitens der Sozietät sind angelaufen, und wir haben interne Konsequenzen zum Russland-Geschäft gezogen. Fragen zur Kanzleiorganisation wirken dagegen lapidar, aber gerade auch in Krisenzeiten ist die Zukunftsfähigkeit der Kanzlei ein wichtiges Thema.
Im elften Jahr Ihrer Amtszeit haben Sie den Umsatz gesteigert und die Produktivität verbessert – und damit zwei zentrale Ziele erreicht. Wichtig war Ihnen immer auch, die Partnerschaft zu verkleinern…
Mit der Entwicklung des Umsatzes und des Umsatzes pro Berufsträger bin ich sehr zufrieden, denn sie ist Ausdruck für die Qualität des Geschäfts. Was die Partnerschaft angeht: Die Verkleinerung als solche war nicht mein primäres Ziel, sondern es ging darum, Strukturen zu verbessern sowie Geschäftsmodelle und Leistungsbeiträge zu prüfen – auch damit wir gut aufgestellt sind für den Generationswechsel bei Aufrechterhaltung des Locksteps. In den letzten Jahren haben wir mit rund 30 verdienten Partnern sehr gute, partnerschaftliche Vereinbarungen getroffen. Einige wurden in anderen Bereichen eingesetzt oder sind als Of Counsel tätig, andere haben Lockstep-Punkte abgegeben oder sind vorzeitig in den Ruhestand gegangen.
Was war das Ziel dieser Vorgehensweise?
Ausgangspunkt war nicht zuletzt die Frage: Sind unsere Nachwuchsanwälte überhaupt noch motiviert genug, den mühevollen Weg in die Partnerschaft auf sich zu nehmen – während zugleich bei einer nicht unerheblichen Anzahl etablierter Partner nicht mehr geprüft wurde, ob sie mit ihrem Geschäft einen angemessenen Beitrag zur guten Gesamtentwicklung der Kanzlei leisten? Zwischen diesen Polen galt es zu vermitteln.
Und heute sehen Sie diese Fragen beantwortet?
Ja, das ist gelungen. Die meisten haben die Initiative begrüßt und waren gegenüber den individuellen und konstruktiven Angeboten sehr aufgeschlossen. Damit haben wir auch den Grundsatz aufgelöst, dass man bis 65 als Partner bleiben muss. Es gibt jetzt flexiblere Lösungen. Und gleichzeitig sieht die nachwachsende Partnergeneration, dass das Lockstep-System wieder besser funktioniert.
Welche Probleme wollen Sie als nächstes angehen?
Es stellen sich weitere wichtige Fragen, insbesondere zur verbesserten Organisation und Führung des operativen Geschäfts. Wir wollen voll integriert arbeiten. Wir wollen Partikularinteressen und Dezernatsdenken überwinden, um standortübergreifend in den Geschäftsbereichen, Sektoren und Teams zu kooperieren. Das funktioniert aber in großen Teilen schon sehr gut.
Was ist das Ziel?
Wir müssen unsere Mandantenbeziehungen noch besser entwickeln und uns auf die großen Mandanten-Accounts konzentrieren. Früher waren für einzelne Mandanten oft nur ein bis zwei Geschäftsbereiche tätig. Heute sind wir mit mehr Geschäftsbereichen vertreten und arbeiten deutlich vernetzter. So konnten wir den Umsatz pro Mandant sukzessive erhöhen. Das liegt auch daran, dass wir weniger in Fachthemen denken, sondern mehr in komplexeren Beratungsansätzen. Darüber hinaus haben wir Themen gesetzt, die die interne Vernetzung unserer Geschäftsbereiche stärken, etwa E-Mobilität, Wasserstoff, Nachhaltigkeit, Energie und Klimawandel sowie Medical Cannabis. Wir müssen uns insgesamt stärker an der Nachfrage und Sicht der Mandanten orientieren. Die Zeit einer rein angebotsorientierten Ausrichtung des Beratungsgeschäfts ist vorbei.
Ihre Wettbewerber scheinen bereits einen Schritt weiter zu sein. Sie organisieren sich um die Geschäftsbereiche Transaktionen, Litigation und Compliance herum. Müsste die CMS-Partnerschaft nicht zuerst auch standortübergreifend weiter zusammenwachsen?
Wir haben mit den Führungskräften der Geschäftsbereiche in den vergangenen Jahren bereits viel erreicht. Mit der standortübergreifenden Auslastungssteuerung durch die Geschäftsbereiche haben wir begonnen. Allerdings liegt die Budgetverantwortung noch im Wesentlichen bei den Standorten. Im nächsten Schritt müssten Standort- und Managementzuständigkeiten bezüglich des operativen Geschäfts noch mehr auf Geschäftsbereiche, Key Accounts und Sektoren für eine umfassendere Integration und bessere Positionierung bei Mandanten übergehen.