Mehr als ein Jahr lief das Bewerbungsverfahren. Von ursprünglich 32 Bewerberinnen und Bewerbern auf eine der raren Zulassungen für die BGH-Anwaltschaft standen 14 auf einer Liste, die das Bundesjustizministerium seit vergangenem November prüfte.
Mindestens zwei Kandidaten haben ihre Bewerbung zurückgezogen: Prof. Dr. Andreas Ruster, zum Zeitpunkt der Bewerbung noch Counsel bei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan, ist vor Kurzem zu Willkie Farr & Gallagher gewechselt und dort Partner geworden. Er stand auf Platz 2 der Empfehlungsliste fürs Justizministerium. Dr. Florian Dallwig ist Anwalt und Notar bei Grüter in Hamm – und bleibt es auch, obwohl er auf Platz 6 der Liste gelandet war.
Dies sind die neu zugelassenen BGH-Anwältinnen und BGH-Anwälte:
Dr. Ines Bodenstein, Stuttgart
Die 42-jährige Gleiss-Counsel steht vor allem für komplizierte Kartellverwaltungsverfahren. Ines Bodenstein stritt unter anderem für Asics und Booking.com mit dem Kartellamt. Seit einigen Jahren spielt sie an der Seite von Meta und Apple eine zentrale Rolle in Kartellverfahren zur Marktmacht von Digitalkonzernen. Eine Inhouse-Juristin sagt über sie: „Sie ist juristisch top und herausfordernd – sie spinnt mit großem Geschick die Fäden für Digitalkonzerne.“ Bodenstein stand auf Platz 1 der Empfehlungsliste fürs Ministerium.
Dr. Truls Hebrant, Berlin
Er begann seine Karriere 2001 bei Andersen Legal, war mehrere Jahre Anwalt bei Lindenpartners, in eigener Kanzlei und bei der Landesbank Baden-Württemberg. Seit 2018 ist Hebrant Partner bei legalpartner.berlin Busch Deichsel Hebrant von Kleist. Hebrant ist als Anwalt in Deutschland und Schweden zugelassen.
Dr. Jochen Höger, Karlsruhe
Höger ist seit mehr als 20 Jahren Mitarbeiter von BGH-Anwalt Prof. Dr. Matthias Siegmann und wird mit diesem nun eine gemeinsame BGH-Kanzlei gründen.
Dr. Christoph Hugemann, Hamm
Hugemann ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und auf Personenschäden spezialisiert. Er war Anwalt bei der Spezialkanzlei Dr. Eick & Partner, aus der auch BGH-Anwalt Dr. Siegfried Mennemeyer stammt. Mennemeyer ist seit 2007 BGH-Anwalt und hat sich 2013 mit Dr. Peter Rädler zu Mennemeyer & Rädler zusammengeschlossen. Bereits seit 2008 ist auch Hugemann Mitarbeiter bei Mennemeyer in Karlsruhe. Da BGH-Kanzleien aus maximal zwei Partnern bestehen dürfen, kann Hugemann seiner aktuellen Kanzlei nicht als Partner beitreten.
Dr. Maximilian Konrad, München
Der 38-Jährige ist Associate bei der Patentkanzlei Hoffmann Eitle. Zuvor war er ein Jahr Associate bei der Kartellrechtsboutique Buntscheck und fast fünf Jahre Mitarbeiter des BGH-Anwalts Dr. Christian Zwade. Konrad hat im Kartellrecht promoviert und ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz.
Dr. Maximilian Menn, Frankfurt
Menn ist Counsel bei Freshfields, seit 2015 ist er Teil der Disputes-Praxis. Unter anderem ist er Teil des großen Teams, dass den Volkswagen-Konzern strategisch bei der Bewältigung des Dieselskandals unterstützt. Menn wurde vor einem Jahr zum Counsel ernannt.
Dr. Julia Nobbe, Mannheim
Die 44-Jährige ist Counsel bei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan. Ihr Vater war der frühere BGH-Richter Dr. Gerd Nobbe. Sie ist auf IP-Streitigkeiten spezialisiert und war Associate im Team um Dr. Marcus Grosch, das 2010 von Allen & Overy zu Quinn Emanuel wechselte, um deren erstes kontinentaleuropäisches Büro zu eröffnen. Zwischendurch war Nobbe mehrere Jahre Mitarbeiterin der BGH-Kanzlei Jordan & Hall. 2021 kehrte sie nach einem Inhouse-Secondment bei BASF als Counsel zurück zu Quinn. Nobbe wird mit dem BGH-Anwalt Axel Rinkler eine gemeinsame Sozietät gründen
Arne Quast, Karlsruhe
Er ist bereits seit mehr als 20 Jahren Mitarbeiter bei Reiner Hall, ehemals Kanzlei Jordan & Hall. Mitarbeiter, die älter als 35 und seit mindestens fünf Jahren als Anwalt zugelassen sind, dürfen BGH-Anwälte auch in Verhandlungen vertreten. Quast tut dies bereits seit mehr als 15 Jahren, ist also in der BGH-Richterschaft bereits bekannt. Er wird mit Reiner Hall eine neue BGH-Kanzlei gründen.
Prof. Dr. Patrick Schmidt, Duisburg
Der 45-Jährige ist Partner bei NJP Grotstollen in Duisburg und außerplanmäßiger Professor an der Universität Mannheim. Er verfügt bereits über Erfahrungen aus der Welt der BGH-Anwaltschaft: Er war 2006 für einige Monate Mitarbeiter des damaligen BGH-Anwalts Prof. Dr. Achim Krämer (und damit Kollege des heutigen BGH-Anwalts Thomas Winter). Seitdem ist er freier Mitarbeiter der BGH-Anwältin Dr. Maria Hauger.
Dr. Matthias Schröder, Stuttgart
Er ist Partner bei Menold Bezler, seit 2004 in der Kanzlei, und hat einen Schwerpunkt im Gewerblichen Rechtsschutz. BGH-Erfahrung hat er unter anderem als amtlich bestellter Vertreter von BGH-Anwalt Dr. Jörg Semmler gesammelt.
Dr. Sophie Charlotte Thürk
Als Sophie Thürk (38) 2013 einstieg, hieß die Kanzlei noch Krämer Winter. Ihr heutiger Chef – und künftiger Sozius – Thomas Winter war gerade selbst zum BGH-Anwalt ernannt worden. Nach dem Ausscheiden von Krämer tat sich Winter mit Prof. Dr. Christian Rohnke zusammen. Seit der Trennung von Rohnke Winter vor einem Jahr ist Winter Einzelanwalt – Thürk blieb durch alle Wendungen hindurch Mitarbeiterin der Kanzlei, promovierte und ist nun buchstäblich das jüngste Beispiel für den Fall, dass Mitarbeiterinnen von BGH-Anwälten über Jahre Erfahrungen in der zweiten Reihe sammeln können, bevor sie selbst gewählt werden.