Die Zuschläge für den ursprünglich vorgesehenen Betrieb hatte das Ministerium schon im vergangenen Jahr dem Mautsystem-Anbieter Kapsch TrafficCom und dem Ticketverkäufer CTS Eventim erteilt.
CTS Eventim erklärte in einer Pflichtmitteilung für die Börsen, die einseitige Kündigung des Vertrags mit Wirkung zum 30. September werde nun gemeinsam mit Kapsch auf Gründe und Auswirkungen hin geprüft. Die mit dem Bund geschlossenen Verträge enthielten „Schutzbestimmungen“, die Vermögensschäden für die Betreiber vorbeugen sollen. Dies gelte auch für den Fall, dass die Maut nicht eingeführt werde. Zeigen muss sich nun, inwiefern finanzielle Ansprüche auf den Bund zukommen. Das Auftragsvolumen für die Maut-Erhebung sollte über die vorgesehene Mindest-Vertragslaufzeit von zwölf Jahren bei knapp zwei Milliarden Euro liegen, hatten die Firmen Ende 2018 mitgeteilt.
Maut-Pläne verstoßen gegen EU-Recht
CTS und Kapsch sind nicht die einzigen Unternehmen, die von dem Maut-Aus betroffen sind. Ein Konsortium aus Breuer und Vitronic hatte den Zuschlag für die mobile Kontrolle erhalten. Ob auch hier schon Verträge abgeschlossen waren, ist derzeit nicht bekannt.
Die obersten EU-Richter hatten die Maut für rechtswidrig erklärt, da sie Fahrer aus dem Ausland benachteilige. Hintergrund ist, dass nur Inländer für Mautzahlungen komplett über eine geringere Kfz-Steuer entlastet werden sollten. Scheuer hatte unmittelbar nach dem Urteil eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um finanzielle und organisatorische Folgen zu klären.
Kapsch und CTS wurden bei der Vergabe von Noerr (Federführung Dr. Tibor Fedke und Dr. Tobias Frevert) und Blomstein (Federführung Dr. Pascal Friton) beraten. In einem weiteren Los vertraute Kapsch auf Dr. Wolfram Hertel von Raue. Vitronic und Breuer wurden bei ihrem Vergabeverfahren von Leinemann und Partner (Federführung Dr. Oliver Homann) beraten.
Bund stieg überraschend auf PwC Legal um
Der Bund hat einen Großteil des Vergabeverfahrens mit Greenberg Traurig (Federführung Dr. Dieter Neumann) und KPMG Law (Federführung Dr. Moritz Püstow) zurück gelegt, sich aber kürzlich überraschenderweise für PwC Legal (Federführung Dr. Friedrich Hausmann) entschieden. Außerdem berät die Vergaberechtsboutique Eichler Kern Klein das Ministerium in Zusammenarbeit mit PwC.
Auch wenn die Entscheidung des Gerichts für Juristen nicht völlig unerwartet kam, so wirkt sie doch nach wie ein Donnerschlag. Berater, mit denen JUVE seit dem Urteil gesprochen hat, konnten noch keine Auskunft darüber geben, welche Folgen sie nun erwarteten.
Im Gerichtsverfahren am EuGH wurde die Bundesregierung von Prof. Dr. Christian Hillgruber vertreten, gemeinsam mit dem juristischen Dienst der Regierung. Hillgruber, Bonner Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, hatte bereits 2014 ein Gutachten für das deutsche Wirtschaftsministerium erstellt und seitdem immer wieder erläutert, warum er die Mautpläne für EU-Recht-konform hält, unter anderem in Anhörungen des Verkehrsausschusses im Bundestag. Daraus ergab sich schließlich das Mandat für das Verfahren und die Verhandlung vor der Großen Kammer des EuGH. Geklagt hatte Österreich, die mit ihrem Verfassungsdienst angetreten waren. (Christiane Schiffer, Melanie Müller, mit Material von dpa)