EU-Kartelluntersuchung wegen Patentkrieg

Samsung bietet Kompromiss an

Die weltweite Patentschlacht zwischen Samsung und Apple um Smartphones und Tablets steckt seit Monaten in einer Sackgasse. Eine Entscheidung vor einem Patentgericht ist nicht in Sicht. Nun könnte ausgerechnet die Untersuchung der EU-Kommission gegen den koreanischen Elektronikriesen die entscheidende Wende bringen.

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Peter Camesasca
Peter Camesasca

Der Patentstreit zwischen Samsung und Apple nahm eine entscheidende Wendung im Dezember 2012. Die EU-Kommission untersucht seit einer Beschwerde von Apple, ob die Koreaner in Prozessen um standardessenzielle Patente (SEP) ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen. Seither setzen sich Unternehmen, die ihre Gegner aus SEP auf Unterlassung verklagen, stets der Gefahr aus ins Visier der Brüsseler Wettbewerbshüter zu geraten. Die Rechtsprechung zu SEPs ist praktisch blockiert.

Laut der EU-Kommission bietet Samsung nun an, Rivalen wie Apple für fünf Jahre nicht mehr auf Unterlassung aus standardessenziellen Patenten (SEP) zu verklagen. Zudem will Samsung ein Schiedsgericht anrufen, wenn es zu keiner Einigung bei der Lizenzhöhe kommt. Das Angebot berührt nicht mögliche Schadensersatzklagen. Die Kommission gibt nun anderen Marktteilnehmern die Möglichkeit, zu den angebotenen Maßnahmen zunächst Stellungnahmen abzugeben.

Patentexperten halten es für möglich, dass eine Einigung zwischen Samsung und der EU-Kommission auch zu Frieden zwischen Samsung und Apple führen wird. Das wäre für die Koreaner eine Erleichterung, schließlich gibt es weitere Patentkonflikte mit Mobilgiganten. Beispielsweise soll nach JUVE-Informationen ein Patentkonflikt mit Nokia schwelen.

Modell für FRAND-Vereinbarungen

Aus Brüsseler Anwaltskreisen ist zu hören, dass die Wettbewerbshüter den Samsung-Fall nutzen wollen, um ein System für FRAND-Vereinbarungen zu entwerfen. Mobilfunkhersteller haben den Anspruch, die Technologie von SEPs über eine Lizenzvereinbarung zu nutzen. Diese muss nach den FRAND-Regeln fair, angemessen und nicht diskriminierend sein. Allerdings scheitern viele Vereinbarungen wie bei Samsung gegen Apple an der Lizenzhöhe, für die es keine konkreten Bemessungsvorgaben gibt.

Eine Schlüsselrolle in der FRAND-Problematik kommt derzeit der Auseinandersetzung zwischen Huawei und ZTE zu. Die beide chinesischen Staatskonzerne streiten sich vor deutschen Gerichten um den Mobilfunkstandard LTE. Das Düsseldorfer Landgericht hatte im April 2013 eine Klage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen, um die gegensätzliche Auffassung zwischen dem Bundesgerichtshofs und der EU-Kommission zum Kartellrechtseinwand klären zu lassen (mehr…).

Der EuGH scheint den Fall schnell entscheiden zu wollen. Aus Kommissionskreisen ist zu hören, dass der Berichterstatter bereits Anfang Dezember seinen Bericht an das Richtergremium abgeben wird. Für den Jahresbeginn sind erste Konsultationen der EuGH-Richter geplant. Der Termin für den Schlussantrag des Generalanwalts steht noch nicht fest.

Ein Vergleich zwischen Huawei und ZTE würde dem EuGH allerdings die Entscheidungsgrundlage nehmen. Beide Unternehmen gelten unter Branchenkennern durchaus als verhandlungsbereit. Dem Vernehmen nach suchen deshalb die Düsseldorfer Patentrichter nach weiteren geeigneten Fällen, um eine Entscheidung des EuGH zum Kartellrechtseinwand zu herbeizuführen. 

Vertreter Samsung
Peter Camesasca (Brüssel): Peter Camesasca; Associate: Julie Vandenbussche
Clifford Chance (Brüssel): Thomas Vinje, Michel Petite
Shearman & Sterling (Brüssel): Trevor Soames, Miguel Rato
Allen & Overy (Brüssel): Michel Struits
CRA (Brüssel): Damien Neven, Dr. Cristina Caffara

Vertreter Apple
Freshfields Bruckhaus Deringer (Brüssel): Dr. Frank Montag – aus dem Markt bekannt
Latham & Watkins (Brüssel): Dr. Sven Völcker

EU-Kommission, Generaldirektion Wettbewerb
Joaquín Almunia (Wettbewerbskommissar; Brüssel)

Frank Montag
Frank Montag

Hintergrund: Die Vielzahl der Prozessvertreter und die Größe der beteiligten Teams verdeutlicht die Komplexität aktueller Mobilfunkschlachten und zeigt wie verbissen Apple und Samsung die Auseinandersetzung seit 2011 führen.

Für Samsung koordiniert Camesasca die EU-kartellrechtlichen Fragestellungen seit einigen Jahren. Die enge Beziehung zu dem koreanischen Konzern war sogar der Grund für sein Ausscheiden bei Covington & Burling im vergangenen Jahr (mehr …). Seine kleine Praxis hat er zuletzt um eine Associate erweitert.

Die Brüsseler Kartellrechtsteams von Shearman & Sterling und Clifford Chance waren für Samsung in den letzten Jahren immer wieder in wechselnden Rollen tätig. Sowohl Clifford-Partner Vinje als auch Shearman-Partner Soames sind für ihre exzellenten Kontakte zu Technologieunternehmen bekannt.

Apple arbeitet mit Freshfields auch in patentrechtlichen Fragen zusammen, vertraut aber auch in den kartellrechtlichen Streitigkeiten schon eine Weile auf Londoner und Brüsseler Anwälte der Kanzlei. Das Mandat von Apple für Latham brachte Völcker bei seinem Wechsel von WilmerHale mit (mehr…).

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