Weitere Teams kehren dem einzigen deutschen Büro der kurz vor der Pleite stehenden US-Kanzlei Dewey & LeBoeuf (mehr…) den Rücken. Steuerpartner Dr. Bernulph von Crailsheim (44), Energierechtler Jochen Terpitz (44) und Immobilientransaktionsrechtler Dr. Volker Holl (41) sind samt vier Associates beim Wettbewerber Simmons & Simmons in Frankfurt eingestiegen. Die Kapitalmarktrechtlerin Dr. Walburga Kullmann (51) arbeitet mit Counsel Raphael Pasiek und zwei weiteren Anwälten nun unter dem Dach von SJ Berwin. Ein vierköpfiges Team um den Corporate-Spezialisten Dr. Thomas Schmuck (48) schließt sich DLA Piper an. In den USA wurde die Kanzlei unterdessen verklagt, weil ihre Pensionspläne für rund 1.800 Pensionäre mit rund 80 Millionen Dollar unterfinanziert sind.
Vor gut einer Woche hatte eine Gruppe um den bisherigen Kopf des Frankfurter Büros, Philip von Ilberg, das rasant sinkende Schiff als erstes Team hierzulande verlassen (mehr…). Mit den jetzigen Weggängen zählt das Frankfurter Dewey-Büro nicht einmal mehr fünf Anwälte, darunter als Partner die Corporate-Experten Dr. Benedikt von Schorlemer sowie die Prozessspezialistin Dr. Tanja Pfitzner. Nach JUVE-Recherchen dürften aber auch sie bald wechseln. In immer mehr Büros gehen derweil weltweit die Lichter aus. Die kalifornischen Büros und das Büro in London sind seit dieser Woche geschlossen.
Ersehnter Wiederausbau in Frankfurt bei Simmons
Simmons hat mit dem Einstieg der drei Partner das nahe Ende von Dewey genutzt, um einen ersten wichtigen Schritt beim Wiederaufbau ihres Frankfurter Büros zu machen. Die Kanzlei war zuletzt durch zahlreiche Weggänge vor Ort dezimiert worden. Den härtesten Rückschlag musste sie durch den Abschied eines Bank- und Finanzrechtsteam um Dr. Jochen Seitz verkraften (mehr…). Zuvor war unter anderem auch der erst 2009 eingestiegene Private-Equity-Experte Dr. Jan Wildberger wieder gegangen (mehr…), den Simmons geholt hatte, um die seit Längerem schwach besetzte Frankfurter Corporate-Praxis in Frankfurt in Schwung bringen.
Mit den jetzigen Zugängen gewinnt Simmons bundesweit anerkannte Partner. Von Crailsheim etwa war nach der Abspaltung eines Teams um den Dewey-Rainmaker Dr. Hanno Berger (mehr…) das einzig verbliebene steuerrechtliche Aushängeschild bei Dewey. Er genießt einen ausgezeichneten Ruf in Bezug auf die steuerliche Strukturierung geschlossener Fonds sowie von Finanzprodukten und ist hierbei insbesondere für institutionelle Investoren aus der Finanzbranche sowie für vermögende Privatkunden tätig. Das kleine Steuerteam von Simmons wird mit seinem Einstieg deutlich aufgewertet.
Terpitz dockt an die im Düsseldorfer Büro vorhandene Erfahrung im Energierecht an. Mit dem neuen Partner gewinnt die Kanzlei nun auch vertiefte Kenntnisse für Projekte bei erneuerbaren Energien und ergänzt die vorhandene Expertise vor allem um Offshore-Projekte. Terpitz, der beispielsweise mehrere größere Windparkvorhaben begleitete, war erst vor rund einem Jahr von Norton Rose zu Dewey gekommen (mehr…).
Holl wiederum erweitert die Praxis des Frankfurter Immobilienpartners Dr. Martin Meißner. Zu den Mandanten der Gruppe gehören unter anderem die Norddeutsche Landesbank, Lloyds Fonds AG und Macquarie sowie der italienische Industriekonzern Finmeccanica und die australische Hotelgruppe Toga Hospitality Group.
Die drei Partner bringen vier Associates mit zu Simmons.
„Wir untermauern damit unsere Wachstumspläne im deutschen Markt und werden unsere Mandantschaft in unseren Kernsektoren Financial Institutions, Asset Management und Energy & Utilities noch breiter als bislang beraten können“, sagte Dr. Hans-Hermann Aldenhoff, Deutschland-Chef von Simmons. „Ich gehe davon aus, schon sehr bald weitere Zugänge sowohl in Frankfurt als auch in Düsseldorf kommunizieren zu können“, so Aldenhoff. Ihre größte Lücke hat die Kanzlei weiterhin in ihrer Frankfurter Corporate-Praxis.
Versiertes Kapitalmarktteam für SJ Berwin
SJ Berwin wiederum gewinnt mit Kullmann eine der erfahrensten deutschen Beraterinnen für Finanzierungen am Fremdkapitalmarkt. Kullmann ist vor allem auf strukturierte Produkte spezialisiert, insbesondere Derivate. Sie begleitet unter anderem Emissionen von Zertifikaten, Optionsscheinen, strukturierten Anleihen und berät auch bei Swaps. Bekannt ist, dass sie eine Reihe namhafter Banken betreut, unter anderem die Commerzbank und die Royal Bank of Scotland. Kullmann kam 2007 von Freshfields (mehr…), für die sie zuvor viele Jahre lang ebenfalls als Partnerin arbeitete.
Mit ihr wechseln nun auch der Counsel Raphael Pasiek und zwei weitere Anwälte. Das Team ergänzt mit seiner Ausrichtung auf Kapitalmarktprodukte das bisherige Beratungsspektrum der Bank- und Finanzrechtspraxis, die bislang mit Ausnahme des Team für Kredit- und Akquisitionsfinanzierung recht unauffällig blieb. Am bekanntesten ist das Frankfurter Büro von SJ Berwin für seine Transaktionsarbeit, etwa bei M&A-Deals, aber auch in den Segmenten Venture Capital und Private Equity. Vor Ort arbeiten insgesamt knapp 50 Anwälte für SJ Berwin.
DLA holt Quartett um Corporate-Partner
Zu DLA Piper zieht es ein Team um den anerkannten Corporate-Partner Dr. Thomas Schmuck (48). Schmuck war wie Kullmann ebenfalls bis 2007 Partner bei Freshfields und stieg dann bei Dewey ein (mehr…). Zuletzt beriet er im vergangenen Jahr etwa die Werbeholding WPP, als diese die Hamburger Agenturgruppe Commarco erwarb, zu der unter anderem der bekannte Werbespezialist Scholz & Friends gehört (mehr…). Neben dem Equity-Partner Schmuck wechselt aus der Corporate-Praxis auch Ralf Schmitt zu DLA. Er wird ebenso wie der auf Kartellrecht spezialisierte Michael Holzhäuser Counsel bei DLA komplettiert wird das Team durch einen Associate.
Zudem ist auch Graf von Westphalen bei Dewey fündig geworden. Die Kanzlei holte den Steuerrechtler Dr. Frank Tschesche dazu. Tschesche war bei Dewey Local Partner.
Im Dewey-Heimatmarkt USA kommen immer weitere desaströse Finanzdetails ans Licht. Erst in der vergangenen Woche hatte die Pension Benefit Guaranty Corporation die Kontrolle über die Pensionspläne der Kanzlei übernommen. Die Aufsichtsbehörde trägt seither die Verantwortung für die 1.800 aktuellen und künftigen Pensionäre der Sozietät. Weil die Pensionpläne mit 80 Millionen Dollar unterfinanziert sind, reichte die Behörde nun Klage ein. Überdies soll Dewey bei ihrer 125-Millionen-Dollar-Anleihe vom März 2010 verschwiegen haben, dass sie Quereinsteigern kostspielige Garaantiesummen zugesichert hat. Dass berichtet die ‚New York Times‘. (René Bender, Tanja Podolski)