Zwischen 2011 und 2019 war das E.on-Kraftwerk zu 100 Prozent an Daimler verpachtet, die sich auf diese Art gegenüber den zuständigen Behörden selbst als Stromerzeuger ausweisen konnte. Damit einher ging der Vorteil, keine EEG-Umlage zahlen zu müssen für den Strom, den sie bezog. Der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW klagte, um zu prüfen, ob die EEG-Umlage nicht doch hätte bezahlt werden müssen. Das Gericht hat die Klage abgewiesen.
Kurze Vertragslaufzeiten kein Hindernis
Geprüft hat das Landgericht (LG) vor allem, wie die wirtschaftlichen Risiken in dem Pachtvertrag zwischen E.on und Daimler verteilt sind. Hierzu gibt es einen Prüfkatalog, der Fragen wie „wer kauft den Brennstoff?“ und „wer übernimmt die Wartung?“ oder auch „wie kurzfristig sind die Verträge kündbar?“ umfasst. Liegen die Risiken überwiegend beim Pächter, was bei einer 100-Prozent-Verpachtung naheliegt, dann ist er der Betreiber und das Modell damit genehmigt.
Das Gericht hat hier die Betreiberstellung der Kraftwerksgesellschaft in den Blick genommen. Vor allem auch die kurze Kündigungsfrist der Verträge hat es nicht zum Anlass genommen, das Pachtmodell zu beanstanden. Da insbesondere die Kündigungsfrist von TransnetBW kritisiert wurde, wird das Verfahren, dessen Streitwert nach JUVE-Informationen im mittleren dreistelligen Millionenwert liegt, mit der Entscheidung des LG kaum erledigt sein. Beobachter gehen davon aus, dass am Ende der Bundesgerichtshof entscheiden muss.
Viele Klagen verglichen
Das dürfte insbesondere auch der Fall sein, weil das gesetzliche Angebot eines Vergleichs für 100-Prozent-Pachten nicht gilt. Die Vergleichsregelung, die bis Ende Juni 2022 gilt, nutzen aktuell bereits einige Unternehmen, um sich ihrer finanziellen Risiken zu entledigen. So auch der Chemieparkbetrieber Currenta, der mit Amprion um die Rückzahlung der EEG-Umlage streitet.
Nach JUVE-Informationen werden viele Verfahren aber auch nicht verglichen. Andere Modelle, die in den Nullerjahren im Umfeld der zunächst unklaren Rechtslage im EEG, dem Rahmenwerk für die Energiewende, entstanden, sind weiterhin unentdeckt. Seit 2018 lassen die Übertragungsnetzbetreiber ihnen gemeldete Modelle gerichtlich prüfen. Sie sehen sich als Treuhänder des EEG-Umlagesystems ähnlich den Insolvenzverwaltern dazu gezwungen, die EEG-Umlage einzuziehen und Verstößen nachzugehen.
Vertreter TransnetBW
GvW Graf von Westphalen (München): Dr. Reinald Günther, Dr. Maximilian Elspas (Regulierung)
Inhouse (Stuttgart): Dr. Heidi Reichegger (Syndikusanwältin)
Vertreter E.on/Kraftwerk Plattling
Luther (Düsseldorf): Dr. Angelo Vallone, Benedikt Rechner (beide Regulierung)
Inhouse (München): Sascha Zipperich (Syndikusrechtsanwalt)
Vertreter Daimler
Hoffmann Liebs (Düsseldorf): Dr. Andreas Gabler (Regulierung)
Inhouse (Stuttgart): Dr. Ulrich Orth (Syndikusrechtsanwalt)
LG München, 15. Kammer
Dr. Frank Tholl (Vorsitzender Richter)
Hintergrund: GvW-Partner Elspas führt für TransnetBW sämtliche Verfahren in dem Komplex. Das Mandat kam über Kontakte in die Rechtsabteilung zustande. Mit seinem Team ist Elspas im vergangenen Jahr von Advant Beiten (damals Beiten Burkhardt) zu Graf von Westphalen gewechselt.
Die Mandatsbeziehung zwischen Luther und E.on geht weit über das Prozessmandat hinaus. Seit geraumer Zeit ist Luther Panel-Kanzlei von E.on, die sie auch zur Integration von Innogy beriet.
Auf der Seite des Stromabnehmers berät seit einiger Zeit Hoffmann Liebs-Partner Gabler den kürzlich in Mercedes Benz umfirmierten Stuttgarter Autobauer. Gabler war vor zwei Jahren von der Düsseldorfer Kanzlei RWP Rechtsanwälte zu Hoffmann Liebs gewechselt, wo er vor allem Industriemandanten und Erzeuger zu energievertraglichen Themen berät.