Novum im Aktienrecht

Gelita verklagt mit Gleiss Besonderen Vertreter

Der Gelatinehersteller Gelita verklagt seinen Besonderen Vertreter Dr. Nobert Knüppel auf 1,5 Millionen Euro Schadensersatz. Knüppel ist Partner der Düsseldorfer Kanzlei Marccus. Soweit bekannt, ist dies die erste Klage, die sich gegen einen Anwalt richtet, der als gewählter Aktionärsvertreter und Organ der Gesellschaft fungiert. In dem Gesellschafterstreit um das Familienunternehmen, der ohnehin schon einen festen Platz in der Rechtsgeschichte hat, steht die Klage vor dem Landgericht Heidelberg für eine weitere Grundsatzfrage.

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Norbert Knüppel
Norbert Knüppel

Ersatzansprüche gegen Organmitglieder einer Aktiengesellschaft werden in der Regel vom Vorstand oder Aufsichtsrat geltend gemacht. Besteht bei Anteilseignern die Sorge, dass Organmitglieder Untersuchungen behindern, sieht das Aktiengesetz eine weitere Möglichkeit vor: Die Hauptversammlung kann beschließen, Sachverhalte durch einen externen Sonderprüfer aufzuklären – und mögliche Ansprüche mit Hilfe eines sogenannten Besonderen Vertreters gerichtlich durchsetzen lassen.

Aus diesem Grund hatte das Unternehmen aus Eberbach bei Heidelberg zwei erfahrene Coporate-Litigators als Besondere Vertreter bestellt. Neben Marccus-Partner Knüppel ist auch der Stuttgarter Aktienrechtler Prof. Dr. Matthias Schüppen von Graf Kanitz Schüppen & Partner bestellt worden, um Ansprüche von Anteilseigenern durchzusetzen.

Nichtige Beschlüsse

Insbesondere Knüppels Bestellung ist aber inzwischen in Frage gestellt worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hatte im Frühjahr entschieden, dass er gar nicht berechtigt war, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Diese richteten sich unter anderem gegen Gelitas Mehrheitsaktionär Klaus-Philipp Koepff sowie Mitglieder des Gelita-Vorstands und -Aufsichtsrats. Die Hauptversammlungsbeschlüsse zu Knüppels Bestellung waren nach Ansicht der Richter nichtig, denn dort seien zu viele Themen gebündelt worden. Zudem hätten sich die von ihm vorgebrachten Ansprüche nur gegen Vorstände und Aufsichtsrat wenden dürfen, nicht aber gegen Aktionäre der Gesellschaft.

Roßkopf_Gabriele
Roßkopf_Gabriele

Knüppel hat daraufhin im April sein Amt als Besonderer Vertreter niedergelegt und auf eine Revision zum Bundesgerichtshof verzichtet. Die Gesellschaft selbst entschied sich als Rechtsnachfolgerin, das Verfahren auch nicht weiter zu verfolgen. Sie zog die langjährige Beraterin Gleiss Lutz hinzu. Im Einsatz war und ist ein Team um die Stuttgarter Gesellschaftsrechtlerin Dr. Gabriele Roßkopf, den Hamburger Counsel Dr. Thorsten Gayk und den Stuttgarter Associate Dr. Johannes Culmann. Gemeinsam entschied man sich für die Schadenersatzforderung gegen Knüppel.

Gelita-CEO Dr. Franz-Josef Konert begründet die Ansprüche gegenüber JUVE so: „Da er als Organ der Gesellschaft handelte und vor Gericht verlor, musste die Gesellschaft die Kosten tragen.“ Deshalb fordere man von Knüppel nun 1,5 Millionen Euro zurück. „Die Anwalts-, Gerichts- und Gutacherkosten, die in dem gesamten Komplex aufgelaufen sind, liegen noch weit höher.“

Parallelstreit um Honorare

Knüppel teilte auf JUVE-Anfrage mit: „Bisher wurde keine Klage zugestellt. Dementsprechend gab es auch noch keinerlei Veranlassung, einen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen.“ Bevor er sich 2009 als Managing Partner der Sozietät Marccus anschloss, war Knüppel Partner bei Schmitz Knoth und Aderhold.

Knüppel gibt sich verwundert über die Klage. Gelita hatte diese bereits Ende Oktober angekündigt. In einer Mitteilung des Unternehmens hieß es: „Eine derartige Schadensersatzklage ist ein Novum in Deutschland und könnte dazu beitragen, die stark kritisierte Rolle von Besonderen Vertretern in Unternehmen einzugrenzen.“ Knüppel gegenüber JUVE: Offensichtlich fühlen sich die Gelita AG und ihr Mehrheitsaktionär berufen, den Gesetzgeber zu korrigieren.“

Knüppel hatte seine Kanzlei Marccus mandatiert, die ihn bei der Arbeit als Besonderer Vertreter unterstützte. Er wird demnächst auch in einer anderen Sache wieder beim Landgericht Heidelberg sein: Dort streitet nämlich die Kanzlei Marccus mit der Gelita AG um Honorare (Az. 3 O 247/18). Gelita hatte schon nach dem erstinstanzlichen Urteil zu Knüppels Mandat als Besonderer Vertreter die Zahlungen eingestellt. Knüppel aber sah sich zu jenem Zeitpunkt noch als Organ für das Unternehmen tätig. Er hat die Gesellschaft auf rund 200.000 Euro ausstehende Vergütung verklagt.

Zudem muss sich der Gelita-Vorstand noch mit dem anderen Besonderen Vertreter Schüppen befassen. Von diesem sind noch zwei Verfahren am OLG Karlsruhe anhängig, zu denen sich Gelita auf Anfrage nicht äußern wollte. Während Schüppen nach JUVE-Informationen zunächst von der Mannheimer Sozietät Rowedder Zimmermann Hass in Spezialfragen unterstützt wurde, zog er für die Berufungsinstanz noch die Münchner Kanzlei Ego Humrich Wyen hinzu. Die Gesellschaftsrechtsboutique war Ende 2015 von Hengeler Mueller-Associates gegründet worden. Das Thema der Doktorarbeit von Gründungspartner Dr. Henrik Humrich lautete 2012: Der Besondere Vertreter im Aktienrecht.

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